Macho-Vorwurf gegen Allianz-Vorstand

Neue Art von Jobabbau: Der Münchener Versicherer soll seine Mitarbeiterinnen aufgefordert haben, Kinder zu kriegen – damit Stellen gestrichen werden können. Frauen sind empört, demonstrieren dürfen sie aber nicht. Der Chef fühlt sich missverstanden

Von HERMANNUS PFEIFFER

„Thomas, wir wollen ein Kind von dir!“ Mit dieser aufreizenden Losung wollten Mitarbeiterinnen der Allianz jetzt in Stuttgart gegen frauenfeindliche Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden der Allianz Versicherungs-AG, Thomas Pleines, protestieren. Dazu kam es aber nicht. Der Vorstand soll gedroht haben, Stuttgarter Abteilungen in andere Regionen zu verlegen, wenn sich Proteste gegen ihn persönlich richten. So erzählen es Beschäftigte der Allianz. Pleines dementiert.

Schreckt der Vorstand der Allianz Versicherung selbst vor frauenfeindlichen Drohungen nicht zurück, wenn es um die Sanierung des Konzerns geht? Europas größter Versicherer will bis 2008 rund 5.700 Arbeitsplätze im deutschen Geschäft und weitere 2.500 Stellen bei der Tochtergesellschaft Dresdner Bank streichen. Darüber hatte der Vorstand alle Mitarbeiter erstmals auf einer Betriebsversammlung im Juni in München informiert.

Pleines riet dabei den Frauen zu überlegen, ob sie nicht Kinder bekommen und zu Hause bleiben wollen. Sie könnten, so seine Idee, auch ihren Männern folgen, die ins Ausland versetzt werden. Dann würden gleich zwei Arbeitsplätze bei der Allianz in Deutschland frei. So haben ihn die Beschäftigten zumindest verstanden. Mitarbeiterinnen planten für den 6. Oktober eine Demonstration in Stuttgart. An diesem Tag wollte Allianz-Boss Pleines die baden-württembergische Landeshauptstadt besuchen. „Es gab sehr kreative Ideen“, berichtet ein Beschäftigter dieser Zeitung.

Doch Pleines soll gedroht haben, Abteilungen in Stuttgart schließen zu lassen, falls „Thomas, wir wollen ein Kind von dir!“ -Transparente aufgehängt werden. Der Betriebsratsvorsitzende soll die Frauen-Demo abgeblasen haben. Zu Protesten kam es trotzdem. Bis zu 500 Beschäftigte der Allianz wetterten gegen den Stellenabbau. Motto: „Allianzer sehen rot – und zeigen das auch!“

Pleines fühlt sich derweil missverstanden. „Ich habe niemals gesagt, dass Frauen zurück an den Herd sollen.“ Es sei in München nur darum gegangen, „wie schaffen wir es, in gut drei Jahren möglichst sozialverträglich 5.700 Arbeitsplätze abzubauen“. In dieser langen Zeit würden sich private Lebensumstände ändern, Frauen würden schwanger und Lebenspartner versetzt.

Eine Gewerkschaftszeitung nannte den Vorstand einen „Macho“. Pleines führt das darauf zurück, dass er vom „Mann“ sprach, der versetzt wird, und nicht vom „Lebenspartner“. Der Stuttgarter Niederlassung will Pleines nie gedroht haben. Das bestätigt auch der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Peuker.

In jedem Fall bleibt ein Missverständnis, das die Kluft zwischen Führungsetage und Beschäftigten zeigt. „Unsere Allianz-Kultur wird kaputtgemacht“, klagt eine leitende Mitarbeiterin. „Früher hatten die Allianz-Beschäftigten den Eindruck, dass der Vorstand vernünftig mit ihnen umgeht“, sagt der Versicherungsexperte beim Ver.di-Bundesvorstand, Jörg Reinbrecht, „das ist Vergangenheit.“