„Wirtschaftliche Kliniken werden belohnt“

Die Finanzierung nach unterschiedlichen Fallpauschalen ist richtig, sagt SPD-Sozialexpertin Birgit Fischer

taz: Frau Fischer, Nordrhein-Westfalens Kliniken fühlen sich im bundesweiten Vergleich benachteiligt. Zu Recht?

Birgit Fischer: Vordergründig scheint es so. Der Druck auf die Krankenhäuser ist eindeutig gestiegen. Dazu muss man aber sagen: Wir befinden uns in einer Übergangsphase, was die Krankenhausfinanzierung angeht. Früher wurde nach Pflegesätzen, heute nach Fallpauschalen bezahlt. Der Landesbasisfallwert soll ermitteln, welche historischen Ausgaben die Kliniken in NRW bisher hatten und welche Leistungen sie erbracht haben. Daher ist der Wert auch von Land zu Land unterschiedlich. Bei diesem Vorgehen kann man nicht von Benachteiligung sprechen, es ist eher eine Gleichstellung. Das heißt, die Häuser, die wirtschaftlich gearbeitet haben, haben kein Problem, für die anderen ist der Druck natürlich sehr groß.

Was haben Sie denn während ihrer Amtszeit als NRW-Gesundheitsministerin gegen dieses Grundproblem getan?

Die derzeitige Umstellung des Systems ist ja eben die Reaktion auf die überholte Finanzierung durch Pflegesätze. Und sie ist von allen Beteiligten gewünscht worden. Man wollte eine Finanzierung, die auf Leistung ausgerichtet ist. Und die zu mehr Wirtschaftlichkeit in und zwischen den Häusern führt. Die derzeitige Übergangsphase bis 2009 soll die Probleme abmildern, die dadurch für einzelne Häuser entstehen können.

Ab 2007 wechseln Sie in den Vorstand der Barmer Ersatzkasse. Da muss es Ihnen doch gerade Recht sein, wenn NRWs Krankenhäuser billiger sind...

Ich glaube, dass wir leistungsstarke und moderne Krankenhäuser brauchen. In Zukunft muss es mehr Arbeitsteilung zwischen den Häusern geben, mehr Kooperationen, Trägerzusammenschlüsse.

Das heißt, weniger Krankenhäuser?

Nein, nicht zwangsläufig. Es muss aber geprüft werden, wie die Angebote verteilt sind, ob es in manchen Regionen ein Überangebot gibt, ob man Abteilungen zusammenlegen kann. Wir haben eine sehr hohe Bettendichte in NRW. Das heißt aber nicht, dass ganze Krankenhäuser schließen müssen.

Ihr Nachfolger im Gesundheitsministerium, Karl-Josef Laumann, hat sich auf die Seite der Kliniken geschlagen und fordert bundesweit einheitliche Basisfallwerte.

Bei Minister Laumann steckt die Illusion dahinter, dass bei einer bundeseinheitlichen Regelung die niedrigen Basisfallwerte hochgesetzt werden. Diese Rechnung geht meines Erachtens aber nicht auf. Minister Laumann will damit von seinen eigenen Problemen ablenken: Er zieht die Landesmittel für notwendige Investitionen der Krankenhäuser zurück. Da ist es natürlich einfach für ihn, auf den Bund zu zeigen und zu sagen, dort liegt das Problem, wenn man in Wirklichkeit die Hausaufgaben im eigenen Land nicht erledigt hat.

Interview: Anne Herrberg