Rügen im Aufwind

Der Presserat beklagt um sich greifende Schleichwerbung und will endlich auch im Online-Bereich zuständig sein

Kurz vor seinem 50. Geburtstag braucht der Deutsche Presserat über Arbeitsmangel nicht zu klagen: Das Selbstkontrollorgan der Zeitungen und Zeitschriften hat in den ersten neun Monaten 2006 bereits jetzt mehr Rügen verteilt als im ganzen Jahr zuvor – volle 30 Stück (2005: 29). Ein klarer Trend lässt sich dabei auch ausmachen: der zu immer mehr Schleichwerbung. Es scheine, dass die lockeren Sitten aus der Welt von TV und Internet „allmählich auch in den Printbereich schwappen“, sagte Presserats-Sprecher Fried von Bismarck vom Spiegel-Verlag.

Der Presserats-Arbeit zugrunde liegt der sogenannte Pressekodex, der in 16 Ziffern die „Berufsethik der Presse“ konkretisiert. Anfang des Jahres wurde er um Richtlinien für die Börsen-Berichterstattung ergänzt. Zuständig ist das von den Verlegerverbänden und Journalistengewerkschaften getragene Selbstkontrollorgan, das jedeR BürgerIn anrufen kann, weiterhin ausschließlich für den Bereich der gedruckten Presse. Zwar hatte man sich ursprünglich vorgenommen, spätestens zur 50. Jubelfeier auch die Online-Angebot der klassischen Printmedien in diese Selbstaufsicht einzugemeinden. Doch „da ringen die Verleger noch mit sich“, sagt Verlagsgeschäftsführer von Bismarck.

Anders als vor allem vom Springer-Konzern gewünscht, ringt der Presserat aber nicht in Sachen Bildblog.de. Die Initiative, die täglich sowohl die gedruckte wie die Online-Ausgabe von Bild unter die Lupe nimmt und sich bereits mit mehreren Beschwerden an den Presserat gewandt hat, kommt auf keine schwarze Liste. Auch solche quasi institutionellen Beschwerden seien statthaft, so der Presserat. Sollte allerdings der Verdacht entstehen, der Presserat solle hier instrumentalisiert werden, müsse man „über das Problem früher oder später entscheiden“, so von Bismarck: „Wir wollen uns nicht benutzen lassen, von niemandem.“

Keine Probleme sieht der Presserat bislang beim Einsatz von „Leserreportern“ und anderen Formen des Bürgerjournalismus: Dies sei lediglich der Versuch, etwas, was beispielsweise per Internet-Blog in der Online-Welt Standard ist, „auf den Printjournalismus zu übertragen“. STG

Info: www.presserat.de