Kämpfe zwischen Sudan und Tschad

Nach einer schweren Niederlage der sudanesischen Regierungstruppen gegen Rebellen in Darfur weiten sich die Kämpfe auf das Nachbarland Tschad aus. Tschadische Rebellen agieren mit regierungstreuen Milizen aus Sudan. Viele Tote und Flüchtlinge

VON DOMINIC JOHNSON

Die Eskalation im Krieg zwischen Sudans Regierung und den Rebellen im westsudanesischen Darfur hat das Nachbarland Tschad erreicht. Angriffe der regierungstreuen sudanesischen Janjaweed-Milizen auf tschadische Dörfer, möglicherweise in Zusammenarbeit mit tschadischen Rebellen, sollen allein in den letzten zwei Wochen über 100 Tote gefordert und 3.000 Menschen in die Flucht getrieben haben, sagten lokale Behörden im Osten des Tschad am Mittwoch. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, das im Osten Tschads über 210.000 Darfur-Flüchtlinge betreut, äußerte seine „große Besorgnis über erneute ethnische Gewalt“, vor der jetzt 55.000 Menschen in der betroffenen Region um die Stadt Koukou Angarana auf der Flucht seien. Sudans Regierung warf dem Tschad vor, weiter nördlich zur Unterstützung der Rebellen in Darfur Luftangriffe auf sudanesische Armeestellungen geflogen zu haben.

Die Regierungen Sudans und Tschads sind seit langem verfeindet und werfen sich wechselseitig die Unterstützung von Rebellen vor: Tschads Präsident Idriss Déby soll Rebellen in Darfur helfen, während Sudans Regierung Rebellen im Tschad ausgerüstet hat. Nachdem tschadische Rebellen im April bis in die Hauptstadt Ndjamena vorgestoßen waren, hatten beide Länder gegenseitige Nichteinmischung vereinbart. Aber seit Sudans Armee Ende August erneute Offensiven in Darfur begonnen hat, werden auch im Osten Tschads wieder Kämpfe gemeldet.

Direkter Auslöser der neuen Eskalation war eine schwere Niederlage, die Darfurs größte Rebellenbewegung JEM (Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit) Anfang Oktober den sudanesischen Regierungstruppen in Kari-Yari in Nord-Darfur nahe der tschadischen Grenze zufügte. Dabei wurden die JEM-Kämpfer nach tschadischen Oppositionsangaben von Tschads Regierung unterstützt, deren Armee dabei zahlreiche Kriegsgefangene gemacht habe. Ein gefangener General und ein Oberst aus Sudan seien im osttschadischen Abéché interniert, heißt es in Erklärungen der tschadischen Rebellen; dazu halte Tschad 430 sudanesische Kriegsgefangene an drei Orten im Land. Die Rebellen werfen der Regierung Déby außerdem vor, neue Kampfhubschrauber von Frankreich erhalten zu haben und diese zu Luftangriffen auf Zivilisten im Grenzgebiet einzusetzen.

Die beiden größten tschadischen Rebellengruppen, die FUC (Vereinigten Kräfte für den Wandel) und die RDL (Sammlung für Demokratie und Freiheit), historisch verfeindet und aus unterschiedlichen Ethnien rekrutiert, bildeten am vergangenen Wochenende ein gemeinsames Militärkommando und verkündeten eine Verstärkung ihres Kampfs. Die mit dieser Koalition rivalisierende RND (Nationale Demokratische Sammlung) meldete ihrerseits gestern die Tötung von 160 tschadischen Regierungssoldaten bei eigenen Angriffen.

Hilfswerke in den umkämpften Regionen berichten übereinstimmend von brutalen Kriegspraktiken im Südosten des Tschad, die an die ethnischen Säuberungen in Darfur erinnern und deren Täter von denen Darfurs nicht zu unterscheiden sind: Bewaffnete Angreifer auf Pferden umstellen Dörfer, eröffnen das Feuer und töten so viele Bewohner wie möglich. Wenn die Überlebenden geflohen sind, plündern die Angreifer die zurückgelassene Habe und stecken die Hütten in Brand. Amnesty international kritisiert, dass Tschads Regierung die Dörfer nicht schützt und Sudans Regierung die von ihrem Territorium ausgehenden Angriffe nicht verhindert.