Computer ausschalten

EU-Kommission will Energieverbrauch bis 2020 um ein Fünftel reduzieren – und ermahnt die Verbraucher

BRÜSSEL taz ■ Mit steuerlichen Anreizen, Investitionen in Zukunftstechnologien, strengen Grenzwerten und Verbraucheraufklärung will die EU-Kommission den Energieverbrauch in der EU bis 2020 um ein Fünftel senken. Der zuständige Kommissar Andris Piebalgs malte gestern ein idyllisches Bild von den Wirkungen, die sein „Aktionsplan“ entfalten könnte: Ein Sparpotenzial von jährlich 100 Milliarden Euro bei einem angenommenen Preis von 48 Dollar pro Barrel Öl könne ausgeschöpft werden. Die EU-weit einzusparende Energie übersteige noch den Jahresverbrauch der Bundesrepublik Deutschland.

Auf die Frage, warum Verbraucher und Investoren die schöne neue Welt, in der zusätzliche Arbeitsplätze entstehen würden, nicht längst geschaffen haben, hat der Energiekommissar eine simple Antwort: Die Verbraucher handeln zu kurzsichtig. Beim Kauf eines Elektrogeräts achten sie nicht darauf, dass es möglichst wenig Strom verbraucht, sondern entscheiden sich für das billigste Produkt. Das Angebot reagiere also nur auf die fehlgeleitete Nachfrage.

Deshalb setzt die Kommission in ihrem Aktionsplan vor allem auf Verbraucheraufklärung. Wer seinen Heizungsthermostaten um 1 Grad nach unten stelle, könne bis zu 15 Prozent der Energiekosten sparen. Computer sollten abends ausgeschaltet werden, nicht im Stand-by-Modus übernachten. Kühlschränke sollen regelmäßig abgetaut, Spülmaschinen ganz befüllt, Fenster nach kurzem Lüften rasch geschlossen werden.

Das „Passivhaus“, das nicht mehr Energie verbraucht, als es selbst erzeugt, werde 2050 die Regel sein, prophezeit der Kommissar. Doch schon heute sollen eindeutige Gütesiegel für Energieverbrauch die Kaufentscheidung erleichtern. Und die Regierungen sollen durch konsequente Energiesteuern ihren Teil beitragen. Zumindest an diesem Projekt wird sich die Kommission die Zähne ausbeißen. Bislang haben sich die Mitgliedstaaten strikt gegen jeden Eingriff in ihre nationale Kompetenz und Steuerhoheit verwahrt.

Mehrere Studien dämpfen den Optimismus, dass die Kommission ihr Sparziel ohne harte gesetzliche Auflagen erreichen wird. Sie rechnen vor, dass Energieeinsparungen in der Vergangenheit die Verbraucher stets dazu ermunterten, weitere elektronische Geräte oder dickere Autos zu kaufen.

Wer den Blick in der eigenen Küche vom Espresso-Automaten über die elektrische Saftpresse schweifen lässt, wird dem nicht widersprechen können.

DANIELA WEINGÄRTNER