Nordkorea soll wieder verhandeln

US-Außenministerin Rice fordert in Peking die Rückkehr zu Gesprächen und die strikte Einhaltung der UN-Resolution gegen Pjöngjang. China schickt Diplomaten zu Kim Jong Il

BERLIN taz ■ Es war viel von offenen Türen die Rede in Tokio, Seoul und Peking, die in den vergangenen Tagen Besuch von US-Außenministerin Condoleeza Rice bekamen. Nach dem Atomwaffentest Nordkoreas wollte Rice dessen ostasiatische Nachbarn auf die straffe Umsetzung der beschlossenen UN-Sanktionen drängen. Außerdem sollte Nordkorea wieder an den Tisch der aus den beiden Koreas, den USA, China, Russland und Südkorea bestehenden Sechser-Gesprächsrunde gebracht werden. China, von dem Nordkorea die meisten Wirtschaftshilfen bekommt, hatte bereits am Donnerstag einen Unterhändler nach Pjöngjang geschickt – und vermeldete gestern Erfolge. In südkoreanischen Medien hieß es unter Berufung auf chinesische Diplomaten, Nordkorea habe sich zu einer bedingten Wiederaufnahme der Gespräche bereit erklärt. Kim Jong Il habe sogar sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, dass sein Land China durch den Atomtest Anfang Oktober in eine schwierige Lage gebracht habe.

Gute Nachrichten also, die der chinesische Außenminister Li Zhaoxing seiner US-amerikanischen Amtskollegin Rice gestern in Peking überbringen konnte. China braucht Erfolge, um dem Drängen der USA auf eine Verschärfung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea etwas entgegensetzen zu können. Vor allem den Handel mit Rüstungsgütern wollen die USA unterbinden. Um die Warentransporte aus und nach Nordkorea streng kontrollieren zu können, benötigen sie chinesische Hilfe. Li bestätigte zwar eine „übereinstimmende Haltung zur Umsetzung der Sanktionen“, rief aber beide Seiten dazu auf, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Der Ostasienexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), Kay Möller, rechnet nicht damit, dass die UN-Resolution und Rice’ diplomatische Bemühungen das Regime von Kim Jong Il wieder an den Verhandlungstisch bringen. Solange sich die USA direkten Verhandlungen mit Nordkorea verschließen, sei keine Lösung der Krise zu erwarten. Auch neue Sanktionen bewirkten nichts, da „nur eine geschlossene Umsetzungsfront wirklichen Druck auf Kim Jong Il aufbauen kann“, so Möller.

Aber daran hat China kaum Interesse. Eine Drosselung der Öllieferungen etwa könnte das Regime in Pjöngjang kollabieren lassen. Aber dann müsste China nicht nur Flüchtlingsströme befürchten, sondern, nach einer Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel, US-Militärpräsenz an seiner Landesgrenze.

Möller rechnet damit, dass „die USA eine Art Koalition der Willigen schmieden, um die Inspektion nordkoreanischer Schiffe durchzudrücken“. Mit der rigorosen Umsetzung würden sich die Spannungen mit China verschärfen. Und das verärgerte Nordkorea könnte mit einem weiteren Atomwaffentest reagieren. ANETT KELLER