Kein deutsches Geld für Risiko-AKW

Drei Tage vor dem Start einer bundesweiten Protestaktion ziehen sich Deutsche Bank und HypoVereinsbank aus einem umstrittenen Atomkraftprojekt in Bulgarien zurück. Die Umweltschützer wollen ab Montag trotzdem auf die Straße gehen

VON ELISABETH SCHERER

Stapelweise empörte Briefe und die Aussicht auf wütende Kunden vor Filialen in 57 deutschen Städten waren offenbar zu viel. Drei Tage vor dem Start einer bundesweiten Protestaktion haben die Deutsche Bank und die HypoVereinsbank erklärt, sich nicht an der Finanzierung des Risiko-Atomkraftwerks im bulgarischen Belene zu beteiligen.

Dies teilte gestern die Umweltorganisation „Urgewald“ mit, die die Kampagne gemeinsam mit dem Anti-Atomkraft-Bündnis „ausgestrahlt“ gestartet hatte. „Es geht hier nicht um einen Rückzug“, sagte Dr. Ronald Weichert, Pressesprecher der Deutschen Bank. Die Gründe für die Nichtbeteiligung seien wirtschaftlicher Natur, zu einer Prüfung des Projekts auf Umweltverträglichkeit und Sicherheit sei es noch gar nicht gekommen. Ein Sprecher der HypoVereinsbank gab als Motiv für den Ausstieg lediglich „geschäftspolitische Gründe“ an. „Dass wir uns an Belene nicht beteiligen, heißt aber nicht, dass wir grundsätzlich aus der Finanzierung von Atomkraft aussteigen“, sagte er.

Seit 2003 plant die bulgarische Regierung, aus einer Bauruine im Norden Bulgariens ein neues Kraftwerk entstehen zu lassen. Die Arbeiten an dem Projekt waren 1991 nach vier Jahren Bauzeit eingestellt worden. Anhaltende Proteste, mangelnde Wirtschaftlichkeit und Sicherheitsbedenken hatten die Betreiber in die Knie gezwungen.

Der Reaktorbau steht nämlich auf wackligem Boden: 1977 starben bei einem Erdbeben in der Region 200 Menschen. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung aus dem Jahr 2004, die die Wiederaufnahme der Bauarbeiten ermöglichen soll, hat die Umweltorganisation Greenpeace heftig kritisiert. Stünde es in Westeuropa würde „das geplante AKW nicht genehmigt“, erklärt Greenpeace-Experte Heinz Smital.

Doch Bulgarien sucht nach neuen Energiequellen, weil sein EU-Beitritt an die Stilllegung von Reaktorblöcken in Kosluduj, dem einzigen AKW des Landes, geknüpft ist. Interesse am Bau des Kraftwerks Belene hat unter anderem der französisch-deutsche Atomkonzern Areva NP angemeldet, der zu 34 Prozent Siemens gehört. Die notwendigen Investitionskosten werden laut „Urgewald“ auf 2,5 bis 4 Milliarden Euro geschätzt. Mit dem Ausstieg der beiden Banken könnte nun das gesamte AKW-Projekt ins Wanken geraten, denn bereits im Mai hatte sich mit der Commerzbank der erste Finanzpartner zurückgezogen.

Die empörten Umweltschützer vor den Filialen bleiben den Bänkern dennoch nicht erspart: „Urgewald“ will weiter protestieren. „Lernen Sie dazu“ solle die Botschaft nun lauten, sagte Heffa Schücking von „Urgewald“. „Wir fordern einen grundsätzlichen Ausstieg der Banken aus der Finanzierung von Atomkraft.“