Nur die Armut gebiert Großes

Michael Bolle, Professor für internationale politische Ökonomie an der FU Berlin: Nach der Devise „Augen zu und durch“ hat die Stadt die letzten Jahrzehnte gelebt. Immer in der Hoffnung, die anderen lassen uns schon nicht absaufen. Nur die Armut gebiert Großes. Berlin muss seinen Haushalt ausgleichen, seine Zinsen bezahlen und den Schuldenberg abtragen. Wenn wir bereit sind, das zu schultern, wird man uns auch wieder helfen. Das ist ein langfristiger Prozess. Berlin wird sich daran gewöhnen, eine normale Stadt zu sein, die auf dem Weg ist, eine Hauptstadt zu werden mit Schwergewichten und Prioritätensetzung. Etwa in der Kulturförderung, Wissenschaftsförderung, Industrieansiedelung, im öffentlichen Nahverkehr.

Aufgabe von Politik ist, die Zentren zu identifizieren, wo wir gut sind. Vieles wird in Zukunft über den privaten Markt geregelt werden. Man kann eine Menge verkaufen: Private Wohnungsbaugesellschaften würden die Stadt nicht nur liquider machen, sie würden auch besser wirtschaften. Das wird die Bürger belasten. Die Mieten werden steigen, es wird teurer sein, durch die Stadt zu fahren. Auch die Studenten werden ihren Beitrag leisten müssen. Die Frage ist: Wie kann man das so gestalten, dass nicht die Ärmsten bezahlen und die, die mehr haben, ungeschoren bleiben. Politik muss die Kraft haben, das durchzusetzen. Sie darf nicht behaupten, dass sie gerecht sein will, und dann ihr eigenes Klientel bedienen.

PROTOKOLL: PLU