Gegen Straffreiheit

Amnesty international beklagt unaufgeklärte Todesfälle von Flüchtlingen an der Grenze der spanischen Exklaven

MADRID taz ■ Ein Jahr nachdem 13 Menschen bei dem Versuch ums Leben kamen, den Zaun zu überwinden, der die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla von Marokko trennt, sind die richterlichen Untersuchungen noch immer nicht abgeschlossen. „Es besteht eine völlige Straffreiheit“, beschwert sich amnesty international (ai) in einem in Madrid vorgelegten Bericht. Die Menschenrechtsorganisation bezweifelt, dass die laufenden Untersuchungen dazu geeignet sind, die Vorfälle an den Grenzzäunen „minutiös und unabhängig aufzuklären“.

Im Spätsommer und Herbst 2005 war es immer wieder zu Massenanstürmen von Flüchtlingen auf die Grenzanlagen von Ceuta und Melilla gekommen. Die spanische Guardia Civil und die marokkanische Armee gingen mit verstärkten Einsatzkräfte gegen die Flüchtlinge vor. Selbst heute, wo die Welt auf das Flüchtlingsdrama auf den Kanarischen Inseln schaut, versuchen immer wieder vor allem Schwarzafrikaner in die zwei spanischen Außenposten Ceuta und Melilla an der nordafrikanischen Küste zu gelangen. Erst im vergangenen Juli verloren dabei abermals drei Menschen ihr Leben.

„Die spanischen und marokkanischen Behörden machen unnötig von Gewalt Gebrauch“, beschwert sich Nicola Duckworth, Direktorin des ai-Regionalprogramms für Europa und Zentralasien. Sobald die Flüchtlinge zwischen die beiden Grenzzäune gelangten, setzten die Spanier neben Knüppeln oft auch schwere Gummigeschossen aus nächster Nähe ein. Die Leichen zeigten, dass mitunter auch scharf geschossen wird – bisher allerdings ist nicht richterlich geklärt worden, ob ausschließlich von marokkanischen oder auch von spanischen Grenzbeamten geschossen wurde. Selbst Schwerverletzte werden von der spanischen Guardia Civil durch Türen im Zaun einfach wieder nach Marokko zurückgeschickt. Die dortigen Grenzsoldaten gehen alles andere als zimperlich mit ihnen um.

Amnesty hat über die Vorfälle und die mangelnden Ermittlungen den Menschenrechtsausschuss der UNO informiert. Die Menschenrechtsorganisation verlangt die Einsetzung eines unabhängigen Untersuchungsgremiums und fordert die EU auf, entsprechend auf Spanien einzuwirken. REINER WANDLER