Das faire Buch

Beim Urheberrecht liegt einiges im Argen. Ein Verlag und ein digitaler Onlinedienst gehen deshalb nun neue Wege

In den letzten Monaten war ein heftiger Streit über das Urheberrecht zwischen linken AktivistInnen und dem anarchistischen Libertad Verlag mit Sitz in Potsdam ausgebrochen. Entzündet hat sich die Auseinandersetzung an der Broschüre „Land und Freiheit“ über die Geschichte der anarchosyndikalistischen Bewegung. Münchner AnarchistInnen verkauften Kopien der Schrift, ohne Verlag und Autor um Erlaubnis zu fragen. Schon vorher zirkulierte die Schrift unautorisiert auf linken Internetseiten. Der Autor Hartmut Rübner schaltete schließlich einen Anwalt ein, um seine Rechte als Autor durchzusetzen. Teile der linken Szene reagierten heftig. „Es gab Boykottaufrufe, anonyme Verleumdungen, ja sogar Mordaufrufe gegen mich im Internet“, meinte Jochen Schmück vom Libertad Verlag.

Nun hat er mit einer ungewöhnlichen Ankündigung Freunde und Gegner überrascht. „Wir stellen unsere herkömmliche Verlagstätigkeit ein, um zusammen mit unseren Lesern den Libertad Verlag in einen Verlag neuen Typs umzubauen“, heißt es in den Verlagsinfos. Man wolle ein „Fairtrade-Buch“ vorlegen, bei dem Autoren, Lesern, Verlage und Wiederverkäufer gemeinsam die Produktion und den Vertrieb der Bücher übernehmen. Was sich wie eine Utopie anhört, ist für Schmück schon Realität. So seien in der Vergangenheit für Bücher, die aus Rentabilitätsgründen kein Verlag drucken wollte, Spender gesucht und innerhalb kurzer Zeit erfolgreich akquiriert worden.

Die Initiative Copycan (copycan.org) funktioniert nach dem gleichen Modell. Der Dienst zur Veröffentlichung digitaler Inhalte veröffentlicht Leseproben unveröffentlichter Autoren. Jeder, der sich für das Buch interessiert, kann einen Betrag seiner Wahl überweisen. Sobald die eingezahlten Beträge den vom Autoren geforderten Verkaufspreis erreicht haben, bekommt er das Geld – und das Buch ist für alle frei verfügbar.

Copycan fungiert dabei nur als Treuhänder, nicht als Eigentümer der geistigen Produkte. Die Mitarbeiter sind zuversichtlich, dass ihr Konzept auch außerhalb kleiner Kunst- und Internetszenen auf Interesse stößt. Sie verweisen darauf, dass sowohl die Nutzer wie die Produzenten Vorteile haben. Reich können die Autoren über Copycan wahrscheinlich nicht werden. Doch die Produzenten sollen von ihren Produkten leben können, ohne mit den bestehenden Verwertungsgesellschaften wie Gema kooperieren zu müssen.

PETER NOWAK