haushalt
: Konformität als Symbol

Der Streit zwischen Linkspartei.PDS und Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) über die Vorgabe, einen verfassungsgemäßen Landeshaushalt vorzulegen, hat etwas Symbolisches. Denn nach dem knallharten Karlsruher Haushaltsurteil, das Berlin Hilfen für das historisch gewachsene Altschuldenproblem verweigert, fassen die einen den entsprechenden Passus im Koalitionsvertrag als devote Geste auf – während er für Sarrazin eine Anerkennung der finanzpolitischen Realität wäre.

Kommentar von RICHARD ROTHER

In der Sache ändert der Streit um einen solchen Passus gar nichts: Einerseits ist jede Landesregierung verpflichtet, einen verfassungskonformen Haushalt vorzulegen, in dem die Neuverschuldung die Ausgaben für Investitionen nicht übersteigen darf. Andererseits kann Berlin seit Jahren dieses Ziel nicht erfüllen: Zu hohe Ausgaben stehen zu geringen Einnahmen gegenüber. An dieser Tatsache ändert sich auch dann nichts, wenn sich die Opposition diese wiederholt vom Landesverfassungsgericht bestätigen lässt.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Berliner Möglichkeiten, einen landesverfassungskonformen Haushalt vorzulegen, weiter verschlechtert. Weil Berlin nun keine Entschuldungshilfen erwarten kann, muss es langfristig immer mehr Schulden aufnehmen, um die Zinsen der Altschulden zu bezahlen. Zudem ist die Definition von Investitionen fragwürdig: Ausgaben in Bildung zählen nicht dazu, dafür solche für Beton, zum Beispiel neue Straßen.

Vor diesem Hintergrund kommt es in der besonderen Berliner Situation nicht in erster Linie darauf an, ob ein Landeshaushalt verfassungskonform ist, sondern darauf, ob er die richtigen Schwerpunkte setzt, um langfristig ökonomisch aus der Schuldenspirale zu kommen, und ob er die soziale Einheit der Stadt einigermaßen erhalten kann. Darum sollte es bei den Koalitionsverhandlungen vor allem gehen; der Streit um die buchstabengetreue Auslegung der Landesverfassung lenkt dabei nur ab – so symbolträchtig er auch sein mag. Schließlich können die Berliner nicht Buchstaben essen, Brot aber schon.