EU droht Energiekonzernen mit Zerschlagung

Wettbewerbskommissarin Nelie Kroes will, dass Kraftwerksbetreiber die Kontrolle über Vertriebsnetze abgeben

BERLIN taz ■ Die Energiekonzerne bekommen nun auch von höchster europäischer Stelle Druck: EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes hat den großen Energieversorgern gestern mit ihrer Zerschlagung gedroht, um für mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt zu sorgen.

Kroes kündigte gestern in Lissabon an, die Trennung von Produktion und Vertrieb sei für sie eine „absolute Priorität“ um den Wettbewerb im Strom- und Gasgeschäft anzukurbeln. „Solange die Infrastruktur in den Händen der etablierten Versorger und Stromerzeuger liegt, gibt es Möglichkeiten im Überfluss, konkurrierende Versorger zu diskriminieren“, heißt es in der Kroes-Rede, deren Text der taz vorliegt.

Kroes ließ keinen Zweifel, wie sie das Oligopol beenden will: „Es muss eine strukturelle Lösung geben, die die Infrastruktur ein für alle Mal von Versorgung und Erzeugung trennt. Mit anderen Worten: eine eigentumsrechtliche Trennung“, so Kroes.

Erst vor zwei Wochen hatte der hessische Wirtschaftsminister Energiekonzernen Eon, RWE, Vattenfall und EnBW ebenfalls mit der Zerschlagung gedroht, um für mehr Wettbewerb auf dem Strommarkt zu sorgen und so die Verbraucherpreise zu senken. Denn auch acht Jahre nach der Liberalisierung des deutschen Strommarkts liegen 80 Prozent der Stromerzeugung in der Hand der vier Energieriesen. Nirgendwo in Europa sind die Strompreise so hoch wie in Deutschland. Allein in den letzten fünf Jahren konnten die vier Oligopolisten die Strompreise verdoppeln und ihre Gewinne erheblich steigern. Grundlage für die glänzenden Erträge der Stromkonzerne ist, dass sie nicht nur Kraftwerke besitzen, sondern auch über die Stromnetze herrschen. 24 von 25 Strommarktregulierern haben sich deshalb für die Trennung von Stromerzeugung und Stromtransport ausgesprochen.

Sollte die Kommissarin ihre Drohung wahrmachen, ist mit heftigem Widerstand der Energiekonzerne zu rechnen. Eine neue Initiative, die für mehr Wettbewerb auf dem europäischen Energiemarkt sorgen soll, hat die EU-Kommission für Anfang 2007 angekündigt. TA