Die Koalition erspart sich nichts

Rot-Rot einigt sich im Schnelldurchgang auf ein „Weiter so“: Zuschüsse für die Unis werden nicht gekürzt, Krankenversorgung an der Charité bleibt in Landeshand. Konfliktlösung wird vertagt

VON MATTHIAS LOHRE

Zuletzt ging alles ganz schnell. Die Unterhändler von SPD und Linkspartei hatten für die gestrige Runde der Koalitionsverhandlungen bereits eine Nachtschicht eingeplant. Doch zügig einigte sich Rot-Rot bei den Themen Wirtschaft, Wissenschaft, Stadtentwicklung und Finanzen. Bei Redaktionsschluss war klar: Die drei Unis bekommen nicht weniger Geld als bisher. Die Krankenversorgung der Charité wird nicht, wie die SPD fordert, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, sagte Linkspartei-Sprecherin Kathi Seefeld. Ihre Partei sah darin den möglichen Einstieg in die Privatisierung der Uniklinik.

Zwar war bei Redaktionsschluss noch nicht an die Öffentlichkeit gedrungen, wie sich die Verhandler in den Punkten Wohnungsgesellschaften und Landeshaushalt geeinigt haben. Doch so hart, wie seit zwei Wochen von beiden Seiten behauptet, haben die Koalitionäre nicht gestritten. Nach der vermeintlichen Katastrophe des Verfassungsgerichtsurteils gehen SPD und Linkspartei schnell zur Tagesordnung über. Beide Seiten hoffen auf den wirtschaftlichen Auftrieb. Er soll Etateinschnitte vermeiden helfen.

Der Konflikt zwischen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und der Linkspartei-Spitze hat sich binnen weniger Tage in Wohlgefallen aufgelöst. In dieser Woche verkündete Sarrazin, der Landeshaushalt werde dank erhöhter Grund-, Grunderwerbs- und Mehrwertsteuer voraussichtlich bereits 2007 verfassungsgemäß ausfallen. Die Höhe der Neuverschuldung lässt sich also überraschend problemlos unter die der Investitionsausgaben drücken. Damit wäre der Landeshaushalt viel früher als bislang verkündet wieder verfassungsgemäß. Die Linkspartei hatte sich noch vor wenigen Tagen geweigert, das Ziel eines verfassungsgemäßen Haushalts im Jahr 2011 in den Koalitionsvertrag zu schreiben.

Aktueller Streit wird so vermieden. Doch der Samen für Dauerkonflikte in der anstehenden Legislaturperiode ist gesät. Beim lange umstrittenen Thema der städtischen Wohnungsgesellschaften zeichnete sich ab, dass die Koalitionäre vor allem eines wollen: keine großen Änderungen. Die sechs Landesunternehmen mit mehr als 270.000 Wohnungen bleiben bestehen. Der Geldsegen dämpft die Lust der Koalitionsmehrheit am überfälligen Sanierungskonzept.

Wie die Koalition Berlin ab 2010 regieren will, ist unklar. Dann schmelzen die Solidarpaktmittel für Berlin jährlich um rund 160 Millionen Euro. Gleichzeitig steigen die fälligen Zinsen für den wachsenden Schuldenberg von derzeit 61 Milliarden Euro an. Dieses Geld muss der Senat andernorts sparen.

Heute wollen der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) und die anderen Verhandlungsteilnehmer die Zuschnitte der Senatsressorts festlegen. Die Linkspartei soll laut Medienberichten trotz ihrer Wahlschlappe wieder drei der acht Senatsressorts erhalten.