Bundesliga nicht verboten

Verwaltungsgericht verpflichtet Stadt, den NPD-Aufmarsch am Samstag unter Auflagen zuzulassen: Argument eines „polizeilichen Notstands“ sei nicht nachvollziehbar

von Christian Jakob

Einen Tag, nach das Stadtamt die für Samstag geplanten NPD-Kundgebung in Walle verboten hatte, entschied das Verwaltungsgericht Bremen gestern Abend, die Stadt habe den Aufmarsch „eingeschränkt zuzulassen“. Die von der Polizei befürchteten Ausschreitungen zwischen NPD-Anhängern und Gegendemonstranten bezeichnete das Gericht als „beherrschbar“. Voraussetzung dafür sei eine Reduzierung der Dauer und der Strecke des Aufmarsches, um genügenden Abstand zu den Gegendemonstrationen zu gewährleisten, so das Gericht.

Das Gericht stellte fest, dass „der Umstand, dass es der Polizei nicht in jedem Fall möglich sein könnte, der Versammlung der Antragstellerin ein Durchkommen auf der gesamten Versammlungsstrecke zu ermöglichen“ kein Verbot rechtfertige. Um Gewalt zu verhindern, könnten die Beamten schließlich je nach Situation den Demo-Zug abbrechen. Im Klartext: Sind die Straßen besetzt, kann die NPD nicht marschieren.

Zuvor waren am Donnerstagmorgen die Anmelder der Gegenkundgebungen vom Stadtamt zu einem „Kooperationsgespräch“ eingeladen worden. Dabei habe die Behörde versucht eine „einvernehmliche Lösung“ herbeizuführen, die die innere Sicherheit gewährleiste – so berichtet es der Sprecher von Innensenator Thomas Röwekamp (CDU), Markus Beyer. Die Vertreter des Demonstrationsbündnisses haben weniger harmonische Erinnerungen an die Zusammenkunft: „Zuerst hat man uns nahe gelegt, unsere Demo-Anmeldung zurückzuziehen, weil die NPD ja schließlich auch nicht mehr demonstrieren werde. Für diesen Fall hat man uns signalisiert, eine Kundgebung zuzulassen,“ sagt Olaf Gärtner vom „Keinen Meter“-Bündnis. Ansonsten, so Gärtner, habe das Stadtamt ein Verbot aller geplanten Protestaktionen angedroht. Eine endgültige Entscheidung wolle das Stadtamt aber erst nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts über das Verbot des NPD-Aufmarschs fällen.

Die Begründung für eine mögliches Verbot der Gegenaktionen: „Polizeilicher Notstand“. Nur 2.300 Polizisten seien laut Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) am Samstag verfügbar. Damit sei die Lage „nicht in den Griff“ zu kriegen – zumal am Samstag auch das Fußballspiel Werder Bremen gegen Energie Cottbus stattfinde. 900 zusätzliche Beamte seien notwendig, hieß es. Am vergangenen Samstag hatten rund 6.000 Polizisten einen NPD-Aufmarsch in Göttingen eskortiert. Vor allem Niedersachsen hatte sich, wohl wegen des am nächsten Wochenende anstehenden Castor-Transports nach Gorleben, geweigert, weitere Polizisten nach Bremen zu entsenden. Als Begründung für die Notwendigkeit eines solchen Großaufgebotes an Polizei, wird auf Behördenseite eine zehnseitige „Gefahrenprognose“ angeführt, derzufolge mit Gewalttaten durch Gegendemonstranten zu rechnen sei.

Das Ansinnen des Stadtamtes, ein solches Szenario durch eine freiwillige Aufgabe der Gegendemonstrationen auszuschließen, stieß bei den beiden antifaschistischen Bündnissen auf kein Verständnis. In einer gemeinsamen Erklärung gaben sich die Anmelder gestern kämpferisch. „Wir weichen nicht – die antifaschistischen Aktivitäten finden statt“, hieß es gestern. Auch im Falle eines Verbotes der Gegendemonstrationen halte man in jedem Fall an den geplanten Protesten fest, sagten Vertreter der antifaschistischen Bündnisse auf einer Pressekonferenz. „Wir fordern alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich am Samstag im Bremer Westen zu versammeln und Flagge zu zeigen gegen den Rechtsextremismus.“ Eine solche Demonstration könne „nie fehl am Platz sein“ – auch dann nicht, wenn das Verbot des NPD-Aufzuges letztinstanzlich bestätigt würde.

Dies gelte insbesondere angesichts der NPD-Pläne, mit der Anmietung eines Büros in Walle im Bremer Westen Fuß zu fassen. Es gebe „konkrete Anmietungsabsichten“ einer Immobilie an der Utbremer Straße, sagte ein Sprecher des „Waller Bündnis gegen rechts“.

Die hektische juristische Betriebsamkeit erinnert an den letzten Versuch der NPD, in Bremen aufzumarschieren. Damals war die für den 1. Mai 1999 geplante Demonstration sowie die Gegenkundgebung kurzfristig verboten worden. Erst am frühen Morgen des 1. Mai wurden beide Verbotsverfügungen durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Dennoch versammelten sich rund 3.000 GegendemonstrantInnen.