Klares Jein zu Studiengebühren

Dem heiklen Thema Studiengebühren widmen SPD und Linkspartei einen schwammigen Passus im Koalitionsvertrag. Ein striktes Nein enthält er nicht. Beide wollen sich alle Möglichkeiten offenhalten

von RICHARD ROTHER

Die künftige rot-rote Landesregierung schließt Studiengebühren in ihrer Koalitionsvereinbarung nicht explizit aus. Möglich ist daher, dass die Diskussion über Einschränkungen des Hochschulzugangs – etwa ein Studienkontenmodell oder eine Landeskinderregelung – in einigen Jahren auf der Tagesordnung steht. Zumal in vielen Bundesländern Studiengebühren dann Realität sind und Gebührenflüchtlinge in die überlasteten Berliner Umsonst-Unis drängen dürften.

Für Berliner Abiturienten, die an den Unis in der Minderheit sind, hätte dies weitreichende Konsequenzen: Je mehr Schulabgänger sich um Aufnahme an einer Hauptstadt-Uni – die vor allem die Berliner Steuerzahler finanzieren – bewerben, desto höher die Anforderungen an den Notendurchschnitt im Abiturzeugnis. Ein bayrischer Schulabgänger, der ein beschauliches und gutausgestattetes Kleinstadtgymnasium besucht hat, könnte so leicht einen Berliner Abiturienten verdrängen. Dem bliebe dann die Möglichkeit, ein wenig begehrtes Bezahlstudium in Bayern zu beginnen.

Während die Linkspartei.PDS Hochschulgebühren in den Koalitionsverhandlungen ausschließen wollte, konnte sich die SPD dazu nicht durchringen. Heraus kam ein interpretationsfähiger Kompromiss. „Die Koalitionsparteien halten an einem diskriminierungsfreien Hochschulzugang fest. Für den Zugang darf es keine finanziellen Hürden geben“, heißt es im Koalitionsvertrag, der am Montag veröffentlicht werden soll. Eine Ablehnung von Studiengebühren liest sich anders.

„Studiengebühren sind nicht geplant“, bekräftigt PDS-Fraktionssprecherin Kathi Seefeld. Aber man müsse über Veränderungen der Situation in einigen Jahren nachdenken können. PDS-Landeschef Klaus Lederer: „Wir müssen uns auf absehbare Zeit damit befassen, wie wir mit der Frage umgehen, dass wir viele Menschen aus anderen Bundesländern ausbilden.“

Ein Modell, das SPD-Unterhändler ins Spiel gebracht hatten, ist die sogenannte Landeskinderregelung. Danach müssten alle Studenten Gebühren zahlen; wer sein Abi in Berlin gemacht hat, bekäme aber ein Landesstipendium für diese Gebühren. Eine Folge: Eine Berliner Krankenschwester würde nicht mehr die Ausbildung eines schwäbischen Medizinstudenten finanzieren. Das Problem bei dieser Regelung: Studiengebühren würden grundsätzlich eingeführt, das Umsonststudium wäre eine Ausnahme. Zudem könnten Studiengebühren für alle die Folge sein, wenn Gerichte die Landeskinderregel kassieren.

„Der Koalitionsvertrag distanziert sich nicht eindeutig von Studiengebühren“, kritisiert René Held, Studentenvertreter an der Humboldt-Uni. Auch die Landeskinderregelung lehnt er ab. „Die Menschen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.“ Berlin müsse sich auf Bundesebene für ein gebührenfreies Studium starkmachen.