Zoff in den eigenen Reihen

Streit vor Gericht, Streit in der NPD. Kurz vor dem geplanten Aufmarsch in Bremen boykottieren Nazi-Gruppen die Demo. Die antifaschistischen Bündnisse halten indes an ihren Aktionen fest

von CHRISTIAN JAKOB
und ANDREAS SPEIT

Kurz vor der ersten Demonstration der NPD in Bremen haben die juristischen Auseinandersetzungen am Freitagabend ein erstes Ende gefunden. Die Aufhebung des Verbotes der NPD-Demo wurde durch das Oberverwaltungsgericht bestätigt – die Nazis dürfen also marschieren.

Somit dürfen nun auch die angemeldeten Gegendemonstrationen stattfinden. Hunderte Unterzeichner und mehr als 70 Initiativen haben sich in drei Bündnissen zusammengeschlossen, die zu zwei großen Demos und einer Vielzahl kleiner Aktionen aufrufen. Für all diese verfügte das Stadtamt gestern: Rund um die NPD-Route gilt eine weitläufige Sperrzone, die nicht betreten werden darf. Die genaue Streckenführung wird wohl morgen mit der Einsatzleitung der Polizei ausgehandelt werden. Sicher ist: Die angekündigten Versammlungsorte bleiben unverändert.

Gestern äußerten die Anmelder Unverständnis darüber, dass eine Sperrzone eingehalten werden muss, obwohl die Gegenkundgebungen vier Stunden vor dem NPD-Aufmarsch stattfinden. Vor dem Verwaltungsgericht Bremen beantragten Anwälte der Antifa-Bündnisse gestern einstweiligen Rechtsschutz gegen diese Auflage.

Unterdessen steckten NPD-Gegner täuschend echt aussehende Benachrichtigungen der Bremer Entsorgungsbetriebe in die Briefkästen entlang der Demonstrationsrouten. Darin wurden die Anlieger aufgefordert, „alte Möbel, Holz, Autoreifen“ und anderen Sperrmüll am Samstagmorgen an die Straße zu stellen. Die Entsorgung Nord (ENO) dementierte: Das Schreiben sei gefälscht, Sperrmüll werde nicht abgeholt.

Der Aufmarsch der Rechten wird indessen wohl etwas kleiner ausfallen als befürchtet. In der norddeutschen Neonazi-Szene sorgen nämlich die Familienverhältnisse der Demo-Anmelderin Gabriela Yardim für Streit. Der Grund: Die Bremerin war mit einem Türken verheiratet. Aus dieser Beziehung ist ihre Tochter Louisa hervorgegangen – ebenfalls aktives Mitglied der „Jungen Nationaldemokraten“.

Das Mutter und Tochter „halb-ausländisch“ seien stört die braunen Kameraden im Umland. „Die Demonstration der NPD-Bremen wird von unserer Seite nicht mehr unterstützt“, ließen die „Freien Nationalisten Vechta“ wissen. Es könne nicht sein, das die „eigene Ideologie verraten“ würde. Auch andere Kameradschaften, NPD-Gruppen sowie die JN-Niedersachsen verweigern die Unterstützung zu dem Marsch.

Statt dessen veranstalten die NPD und JN Verden seit gestern im Neonazizentrum „Heisenhof“ ein Aktionswochenende. Motto: „Der Gesundheitsreform entgegenwirken – das System abschaffen“. Für heute ist dabei eine Flugblatt-Aktion im Raum Verden geplant – wenig Zeit für eine Demo-Beteiligung also. Gabriele Yardim mochte die Querelen um ihre Person am Freitag nicht kommentieren.

Allerdings haben sich auch längst nicht alle norddeutschen Nazi-Gruppierungen dem Boykott der Yardim-Demo angeschlossen. Hoch offiziell warben beispielsweise der NPD-Landesverband Hamburg und das „Aktionsbüro Norddeutschland“ für den heutigen Termin.