Senatskanzlei undicht

Von Beusts Kanzleichef Volkmar Schön räumt ein, vertrauliche Informationen an „Bild“ lanciert zu haben

Er habe „einen Auszug“ aus dem vertraulichen Gedaschko-Bericht Ende März an Bild „weitergegeben“, räumte Volkmar Schön (CDU), Chef der Senatskanzlei, gestern vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Protokollaffäre des Senats ein. Er habe „Waffengleichheit mit der Opposition in der Öffentlichkeit herstellen wollen“, begründete Schön sein Vorgehen. Der betreffende Auszug enthält angebliche politische Drohungen des SPD-Abgeordneten Thomas Böwer gegenüber dem damaligen Staatsrat der Sozialbehörde, Klaus Meister.

Schöns Geständnis ist von erheblichem politischen Sprengstoff. Denn damit ist aktenkundig, dass die Senatskanzlei selbst vertrauliche Informationen an ein ihr nahe stehendes Medium lanciert hat. Der Bericht von Staatsrat Axel Gedaschko, der im Auftrag von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) eigene Ermittlungen zur Protokollaffäre angestellt hatte, wird bis heute unter Verschluss gehalten.

Der Protokoll-PUA war im Frühjahr eingerichtet worden, um die Weitergabe vertraulicher Akten eines anderen Untersuchungsausschusses aufzuklären. Protokolle des PUA Feuerbergstraße, der schwerwiegende Vorkommnisse in dem Geschlossenen Heim für jugendliche Straftäter aufklären soll, waren rechtswidrig an mehrere Behörden gelangt, deren Verhalten von der Bürgerschaft überprüft werden sollte. Wegen Fehlverhaltens in dieser Affäre waren Justizsenator Roger Kusch (CDU) und Staatsrat Meister im März von Bürgermeister von Beust entlassen worden.

Der nächste könnte Staatskanzleichef Schön sein, der gestern bei seiner Aussage vor dem Untersuchungsauschuss keinerlei Unrechtsbewusstsein ob seiner Indiskretion erkennen ließ. Der Bürgermeister aber, beteuerte Schön, sei nicht eingeweiht gewesen. Ihm habe er sein Handeln erst nach der Veröffentlichung in Bild gebeichtet.

Die Vernehmung von Bürgermeister von Beust zum selben Vorgang begann am Abend erst nach Redaktionsschluss. SVEN-MICHAEL VEIT