der neue senat
: Hundert Prozent Westen?

Noch auf der Zielgeraden hat die SPD dem Koalitionspartner also die Harke gezeigt. Zwei Senatsposten reichen, ließ Klaus Wowereit die verdutzte PDS wissen. Die stand und steht nun vor dem Dilemma, die Koalition nicht platzen lassen und zugleich der Forderung der eigenen Basis nach mehr PDS im neuen rot-roten Senat gerecht werden zu wollen.

Kommentar von UWE RADA

Als ausgemacht galt es dabei bislang, dass mehr PDS nicht nur im Koalitionsvertrag stehen muss, sondern auch durch eine Senatorin mit Ostbiografie verkörpert werden soll. Genau das aber steht nun auf dem Spiel. Geben die Verhandler der PDS Wowereit nach, bleiben den Sozialisten mit Harald Wolf und Heidi Knake-Werner zwei Wessis am Senatstisch. Dass Kultursenator Thomas Flierl im Amt bleibt, glaubt inzwischen nämlich niemand mehr. Gilt bei der PDS demnächst also: hundert Prozent Westen?

Nun mag man darüber streiten, ob zum weiteren Gelingen des Zusammenwachsens von West und Ost eine Koalition mit der Linkspartei.PDS notwendig ist. Noch mehr lässt sich in Zweifel ziehen, ob die geografische Herkunft – 17 Jahre nach dem Fall der Mauer – die Schlüsselqualifikation eines Politikers ist.

Diese Fragen hat sich aber nicht nur die PDS zu stellen. Betrachtet man die bisherigen Personalvorschläge der SPD, staunt man: auch da alles 100 Prozent West. Nicht auszuschließen also, dass der Regierende heute, drei Tage vor dem 9. November, bekannt gibt: Die Einheit ist vollzogen – der Westen hat das Rote Rathaus übernommen.

Schwer zu glauben, dass ein solcher Pakt die Zustimmung des Linksparteitages fände. Zu Recht. Man muss sich nur daran erinnern, mit welcher Regelmäßigkeit dem Ossi Flierl die „Abwicklung des Westens“ in der Kulturpolitik vorgeworfen wurde. Auch wenn dies Unsinn war, zeigte sich: Würde ganz Berlin von Ostlern regiert, der Westen hätte längst den Anschluss an Niedersachsen gefordert.

Mehr Fingerspitzengefühl ist also gefragt. Wenn Berlin nach dem Karlsruher Urteil auch noch eine Einheitsdiskussion drohte, wäre das ein denkbar schlechter Neustart für Rot-Rot.