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: „7 Jungfrauen“

Ob sie nun in Watts, in den Favelas von Rio de Janeiro oder – wie Alberto Rodríguez' „7 Jungfrauen“ – in den Vorstädten von Sevilla spielen, Filme über jugendliche Outlaws ähneln sich auf manchmal aufdringliche Weise. Mit coolen Gesten versichern sich die Kids der Zugehörigkeit zueinander, der Rap ist ihre Musik, die Kamera heftet sich an ihre Fersen, und am Ende trostloser Straßenschluchten wartet das Unheil.

Auch Rodríguez hakt sorgfältig das kleine Einmaleins des Genres ab. Schon beim ersten Auftritt seines Helden Tano ahnt man, dass ihn jeder Schritt näher an den Abgrund bringen wird. Für 48 Stunden darf der 16-jährige Kleinkriminelle den Jugendknast verlassen, um an der Hochzeit seines Bruders teilzunehmen. Eigentlich will der Kerl mit dem verlegenen Grinsen nur ein bisschen Sex, Drugs and Rock ’n' Roll, doch ehe er es sich versieht, ist alles wieder beim Alten. Beim gemeinsamen Bummel durch eine Shopping-Mall lässt sein bester Freund Santacana eine dick gefüllte Brieftasche mitgehen; blöderweise steht die Polizei direkt daneben. In Tanos Abwesenheit sind die Bandenkriege im Viertel eskaliert, mit schicksalhafter Zwangsläufigkeit wird er davon eingeholt. Und wenn Santacana ihm erklärt, dass Toten das Blut aus den Ohren fließt, kann man sich das Ende ungefähr ausmalen.

Natürlich wollte der spanische Regisseur einen Film über die ausweglose Situation von marginalisierten Jugendlichen machen. Natürlich dürften sich Geschichten wie die von Tano so oder so ähnlich zugetragen haben. Doch die so genannte Authentizität bleibt Effekt, weil sich Rodríguez selten selbst ein Bild macht. Stattdessen wird man mit Szenen konfrontiert, die man zu oft im Kino gesehen hat, als dass sie noch auf eine äußere Wirklichkeit verweisen könnten. Auch wenn sie auf der Seite der Jugendlichen stehen, manifestieren Filme wie „7 Jungfrauen“ den Status quo, den sie eigentlich beklagen. Dabei entwickelt Rodríguez' Film immer dann eine Stärke, wenn er vom Weg des dramaturgisch zwanghaft vorgesehenen Unheils abkommt und im Alltag verweilt. Schaut man Tano und seinen Freunden beim Herumalbern im Schwimmbad, beim Reden über Mädchen und bei ihren kleinen Kraftspielen zu, dann bekommt man einen Eindruck von der Energie, für die es hier keinen Platz gibt. ANKE LEWEKE

„7 Jungfrauen“. Regie: Alberto Rodríguez. Mit Juan José Ballesta, Jesús Carroza u. a. Spanien 2005, 86 Min.