Linkes Paradoxon

Wenn Oskar Lafontaine heute nach Bremen kommt, findet er eine zerstrittene WASG vor. 73 Mitglieder sind für die Kandidatur bei der Linkspartei.PDS, 72 für eine offene Wählervereinigung

von Klaus Wolschner

Oskar Lafontaine verbindet mit Bremen große Hoffnungen: „Ein Einzug in die Bremische Bürgerschaft wäre die Fanfare, die die Gründung der ,Linken‘ ankündigen würde.“ In Bremen wird am 13. Mai gewählt, einen Monat später soll die bundesweite Fusion von Linkspartei.PDS und Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) zur Partei „Die Linke“ stattfinden. Doch der linke Haussegen hängt schief wie lange nicht mehr. Grund: die jüngsten Urabstimmungen in der WASG über die Frage, wie sie denn überhaupt zur Wahl antreten soll.

„Unsere Wahlalternative ist tief gespalten“, räumt WASG-Vorstandsmitglied Peter Erlanson ein. Zwei Mitgliederbefragungen fanden parallel statt, 73 Mitglieder stimmten dafür, auf einer Liste der Linkspartei.PDS gemeinsam zur Bürgerschaftswahl anzutreten, 72 waren dafür, eine offene Bremer Wählervereinigung zu gründen.

Für Heino Berg, Vertreter des „Wählervereinigungs“-Flügels in der WASG, geht es in erster Linie um die „Glaubwürdigkeit“: Die Linkspartei, die er nur „L.PDS“ nennt, verantworte als Koalitionspartner im Berliner Senat all das, wogegen die Bremer WASG im Wahlkampf zu Felde ziehen wolle. Hinzu komme, dass die „L.PDS“ die WASG bei der Aufstellung zur Bundestagswahl „über den Tisch gezogen“ habe. Gleiches befürchtet Berg auch für Bremen. Ein deutliches Signal, woher der Wind weht, gab es jüngst aus Berlin: PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch stellte klar, dass eine Wählervereinigung finanziell nicht unterstützt würde: „Für eine fremde Partei“ gebe es kein Geld.

Linkspartei wie WASG seien in Bremen „winzige Organisationen“, sagt Berg. Den Achtungserfolg bei den Bundestagswahlen von 8,7 Prozent könnten sie nur wiederholen, wenn bei einer „offenen Wählervereinigung“ alle auch diejenigen Linken mitmachen würden, die sich nicht mit Linkspartei.PDS oder WASG identifizieren, vor allem Betriebsräte und Gewerkschafter. Zudem, sagt Berg, hätten mehrere Mitgliederversammlungen der WASG beschlossen, dass eine offene Bremer Wählerinitiative gegründet werden solle.

Für Peter Erlanson ist dagegen klar, dass WASG und Linkspartei auch in Bremen ihre Kräfte bündeln müssen. In den gemeinsamen Arbeitsgruppen, die das Wahlprogramm vorbereiten, habe sich weitgehende Übereinstimmung in den Zielen ergeben. Nur bei der Frage der Organisationsformen sei man eben gespalten. Für die gemeinsame Liste gebe es nicht nur finanzielle Zusagen der Linkspartei, sondern auch die Zusicherung, dass die WASG in Bremen alle ungeraden Listenplätze besetzen dürfe – also auch den Spitzenplatz.

Die Linkspartei, sagt Erlanson, müsse jedoch erkennen, dass es in der WASG große Vorbehalte gegen sie gebe – und auf die Skeptiker mit weiteren Zugeständnissen zugehen. Denn die Linkspartei.PDS gewann in Bremen traditionell weniger als zwei Prozent. Drei Viertel des Bundestagserfolges in Bremen verdanke die Linke also der WASG, sagt Erlanson.

Heute eröffnet der Fraktionsvorsitzende der „Linken“ im Bundestag, Oskar Lafontaine, höchstpersönlich den „Ratschlag“ von WASG und Linkspartei.PDS im Konsul-Hackfeld-Haus. Erlanson hofft vor allem, dass der „sich einigermaßen zügelt und nicht die Fronten verhärtet“. Doch Heino Berg hat schon angekündigt, dass er den Kongress für die Gründung einer Wählervereinigung nutzen will.