UNO rügt Schweden

Menschenrechtskomitee: Die Abschiebung zweier Terrorverdächtiger nach Ägypten in Zusammenarbeit mit der CIA verstößt gegen die Antifolterkonvention

STOCKHOLM taz ■ Schweden ist vom UN-Menschenrechtskomitee wegen Verstoßes gegen das Folterverbot gerügt worden. Es geht um die Abschiebung zweier terrorverdächtiger Asylsuchender nach Ägypten im Jahre 2001 mit einem der berüchtigten CIA-Flugzeuge. Dieses war eine der ersten gemeinsamen Aktionen mit der CIA. Im Rahmen der sogenannten Foltercharter arbeiteten mindestens 14 europäische Länder jahrelang unter größter Geheimhaltung mit dem US-Geheimdienst zusammen, um unter Terrorverdacht stehende Personen ins US-Gefangenenlager Guantánamo oder in Länder wie Ägypten, Jordanien, Usbekistan und Pakistan verfrachten zu lassen.

Schweden hatte sich als eines der ersten westlichen Länder wenige Monate nach den Anschlägen vom 11. September der CIA-Foltercharter bedient. Zwei ägyptische Asylsuchende, Mohammad al-Zery und Achmed Agiza, die im Januar 1999 bzw. September 2000 mit ihren Familien nach Schweden gekommen waren, hatte der Verfassungsschutz Säpo als mutmaßliche Terrorristen eingestuft.

Gemäß UN-Resolution 1373 darf Terroristen kein Asylschutz gewährt werden. Gleichzeitig ist in Schweden die Ausweisung in ein Land, in dem dem Betreffenden Folter oder Todesstrafe drohen, verboten. Dieses Dilemma meinte Stockholm zu lösen, indem es die Abschiebung nach Kairo den USA überließ. Beide Abgeschobene waren dann in ägyptischen Gefängnissen nach eigenen Angaben, Erkenntnissen der US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch und Berichten ihrer Rechtsanwälte gefoltert worden. Dafür hatte das UN-Komitee gegen Folter (CAT) Stockholm im Mai 2005 wegen Verstoßes gegen die Antifolterkonvention gerügt.

Bei der jetzigen Rüge geht es außer um die damaligen Vorgänge auch um das anschließende Verhalten Schwedens. Konkret, was Mohammed al-Zery angeht, der – im Gegensatz zu dem wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer Terrororganisation zu 15 Jahren Haft verurteilten Achmed Agiza – in Ägypten 2003 wieder auf freien Fuß gesetzt worden war. Eine Wiedereinreise nach Schweden ist ihm aber trotzdem untersagt. Zudem werfen die UN Stockholm vor, nichts getan zu haben, um Mohammed al-Zery für das illegale Vorgehen zu entschädigen.

Auch verurteilt das Komitee die Verschleierungsversuche Stockholms. Eine interne schwedische Untersuchungskommission war erst nach zwei Jahren und Druck von Medien und internationalen Menschenrechtsorganisationen zustande gekommen. Besonders scharf wird aber kritisiert, dass in Schweden niemand rechtlich zur Verantwortung gezogen wurde, obwohl ganz offensichtlich von einem Verstoß gegen schwedische Gesetze auszugehen sei.

Stockholm wird nun eine Frist von 90 Tagen eingeräumt, zu den Kritikpunkten Stellung zu nehmen. „Das Ganze ist eine sehr scharfe Kritik der UN“, sagt Robert Hårdh, Generalsekretär des schwedischen „Helsinki-Komitees“. Diese sei aber berechtigt. „Es liegt ein Verstoß gegen das internationale absolute Folterverbot vor.“ Die Entscheidung des UN-Komitees weist über den Fall al-Zery hinaus und dürfte auch für die Zusammenarbeit anderer europäischer Regierungen mit der CIA interessant sein. Denn Schweden wird auch für das verantwortlich gemacht, was seitens der CIA und in den Zielländern passiert ist. Anders gesagt: Die Verantwortung des ursprünglichen Aufenthaltslandes endet nicht an seinen Grenzen und nicht damit, dass es Abschiebung und Folter an Drittländer delegiert hat.

REINHARD WOLFF