In Kinshasa kippt die Stimmung

Der Wahlsieg Präsident Kabilas ist klar. Manche Anhänger seines Gegners Jean-Pierre Bemba akzeptieren das nicht und demonstrieren ihre Stärke mitten in Kongos Hauptstadt mit Gewalt

KINSHASA/BERLIN taz ■ In den internationalen Hotels von Kinshasa wird es voll. Ausländer und reiche Kongolesen sammeln sich aus Angst vor Gewalt. „Ich habe meine Familie ins Ausland geschickt und wohne vorübergehend hier“, erklärt ein Bankdirektor im Grand Hotel. „Ich weiß allmählich Bescheid, welches Spiel Bemba und Kabila spielen, und das macht mir Angst.“

Am Samstag war es mitten im Zentrum der kongolesischen Hauptstadt zu Gefechten gekommen – zum ersten Mal seit den blutigen Kämpfen vom August. Milizionäre des Präsidentschaftskandidaten Jean-Pierre Bemba, manche halbnackt und mit Stirnbändern, lieferten sich Samstagmittag Schießereien mit der Polizei, nachdem diese gegen eine Demonstration von Bemba-Anhängern vorgegangen war, in die sich aggressive Straßenkinder gemischt hatten. Nach UN-Angaben kamen zwei Menschen ums Leben, nach kongolesischen Angaben vier. Schlagartig wurde deutlich, wie leicht die Stimmung kippen kann.

Inzwischen sind die Chefunterhändler von UNO und EU pausenlos in Gesprächen mit Vertretern Kabilas und Bembas. Die Aggression der Bemba-Anhänger war auch gegen Ausländer gerichtet, denn das Bemba-Lager geht davon aus, dass die „internationale Gemeinschaft“ per Wahlbetrug Joseph Kabila als Präsident halten will. Eine italienische Journalistin bekam auf der Straße einen Stein an den Kopf.

Nicht alle der Bemba-Milizen schienen zu Bembas Militär zu gehören. Mit ihnen tauchen nun Bewaffnete in Kinshasa auf, die nicht den registrierten Armeen beider Kandidaten zuzuordnen sind, deren Stillhalten Kabila und Bemba wiederholt zugesichert haben.

Die Emotionen in der Bevölkerung steigen. In einer Schule in Kinshasa diskutiert eine Gruppe anglophoner Kongolesen, die sich „Great Guys“ nennt, über die kommenden Wahlergebnisse. „Ich fürchte, dass die Wahlen nichts gelöst haben“, meint Kabamba Bwebwe. „Die Krise ist immer noch da. Die mächtigen Spieler sollten zusammenkommen und durch einen Dialog versuchen, einen Bürgerkrieg zu verhindern.“ Ein anderer sagt: „Diese Wahlen sind nicht unsere Wahlen. Es sind die Wahlen des Auslands. Das Ausland hat dafür bezahlt und die Regeln festgelegt, und jetzt wird ihr Kandidat gewinnen.“

Die vorliegenden Ergebnisse der Stichwahl vom 29. Oktober lassen an Kabilas Sieg keinen Zweifel mehr. Nach Auswertung von 83 Prozent der Stimmen gestern Nachmittag lag der Amtsinhaber bei 59 Prozent, uneinholbar vor Bemba mit 41 Prozent. Der Großteil der verbleibenden Teilergebnisse sollte noch gestern Abend veröffentlicht werden. Nach Angaben der Wahlkommission wird die Proklamation des Endergebnisses allerdings frühestens Dienstag erfolgen. „Wir müssen noch die Einsprüche Bembas prüfen, und dafür brauchen wir 48 Stunden“, sagt ein Sprecher. Zusätzliche Polizisten sind im Einsatz, um die Gebäude der Wahlkommission vor Angriffen zu schützen.

Bembas Wahlbündnis spricht von Betrug – vor allem in umstrittenen Wahlkreisen der Provinzen Kasai und Bandundu, wo die Auswertungen am wenigsten vorangeschritten sind. Klare Ergebnisse gibt es in den Hochburgen beider Kandidaten. In Kinshasa hat Bemba 66,9 Prozent der Stimmen gewonnen, in der Nachbarprovinz Bas-Congo 75,2 Prozent, in seiner Heimatprovinz Équateur gar 97,3 Prozent. Kabila wiederum siegt in seiner Heimatprovinz Katanga mit 93,1 Prozent, in der Heimatprovinz seiner Frau Maniema mit 98,3 und in den Kriegsprovinzen Nord- und Südkivu mit jeweils 96,8 und 98,3 Prozent.

ILONA EVELEENS
DOMINIC JOHNSON