„Da steht nicht viel Positives drin“

Rot-Rot betreibt auch in der Stadtentwicklung eine Politik des „Weiter so“, sagt die Grünen-Abgeordnete Claudia Hämmerling. Vor allem von der Hochhausplanung am Alexanderplatz hätte man endgültig Abschied nehmen sollen

taz: Frau Hämmerling, die Grünen sagen, Rot-Rot betreibe nichts anders als eine Politik des „Weiter so“. Gilt das auch für die Stadtentwicklung?

Claudia Hämmerling: Anzumerken ist, dass die soziale Stadt im Koalitionsvertrag vorkommt. Ansonsten kann man da nicht viel Positives entdecken.

Immerhin sind einige grüne Forderungen – wie etwa ein Flächenmanagement oder eine größere Offenheit gegenüber Baugruppen – auch enthalten.

Das steht bislang nur auf dem Papier. Ob sich da auch was bewegt, werden wir sehen.

Wo bewegt sich nichts?

Am Alexanderplatz. Da hätte man endgültig von der Hochhausplanung Abschied nehmen können. Mit den Investoren zusammen hätte man einen Weg finden müssen, um zu einer Bebauung zu kommen, die realistisch ist und den Alexanderplatz städtebaulich aufwertet. So geschieht gar nichts.

Einen Dissens gibt es bei Rot-Rot beim Spittelmarkt. Da will die SPD die Brücken an der Gertraudenstraße abreißen, eine neue bauen und so zur Platzfigur des 19. Jahrhunderts zurückfinden. Die PDS stellte sich quer, hat sich aber nicht durchsetzen können. Wo stehen die Grünen am Spittelmarkt?

Es ist doch aberwitzig, in einem Gebiet, das ohnehin eine hohe Dichte und wenig Grünflächen hat, weiter städtebaulich verdichten zu wollen. Das Hauptproblem ist die Durchgangsstraße mit vier Spuren auf jeder Seite. Jede weitere Verdichtung würde den Verkehr in eine Straßenschlucht zwängen. Das ist nicht in die Zukunft gedacht, sondern ein Rückschritt in der Stadt- und Verkehrsplanung.

Derjenige, auf den dieser Rückschritt zurückgeht – Senatsbaudirektor Hans Stimmann –, ist nicht mehr im Amt. SPD und PDS haben im Koalitionsvertrag offen gelassen, ob dieses Amt nach seinem Ausscheiden neu besetzt werden soll. Wollen die Grünen einen neuen Senatsbaudirektor?

Dass jemand den Job eines Senatsbaudirektors oder einer Senatsbaudirektorin macht, finden wir wichtig. Er oder sie muss Einfluss haben, gestalten können, die Diskussion intellektuell vorantreiben können. All das in einem diskursiven Prozess, bei dem am Ende nicht unbedingt stehen muss, was ein Baudirektor für richtig hält. Aber dafür muss er nicht unbedingt Staatssekretär sein.

Gibt es für einen solchen Job überhaupt noch viel zu tun?

Ja, wenn man an den Stadtumbau denkt. Da kommt vor allem in den Großsiedlungen im Ostteil noch einiges auf uns zu. Das darf sich nicht auf Abriss reduzieren.

Mit Dorothee Dubrau verlässt eine grüne Baustadträtin das Baugeschehen in der Mitte Berlins. Wird Mitte nun endgültig unter Werbung und Kommerz begraben?

Dorothee Dubrau wurde vorgeworfen, ein Investitionshindernis zu sein. Das ist aber Unsinn. In Wirklichkeit hat sie nur viel Unheil vom Bezirk abgewendet. Alleine am Gendarmenmarkt gibt es jährlich 500 Anträge auf Sondernutzung. Ich bin gespannt, ob da nun künftig jede Woche eine Sau übern Platz getrieben wird.

INTERVIEW: UWE RADA