V-Männer kommen nicht zur rechten Zeit

Nach dem von langer Hand geplanten NPD-Bundesparteitag gerät der Berliner Verfassungsschutz unter Beschuss: Die Grünen werfen ihm Versagen vor, weil die Behörde zu spät gewarnt habe. Innensenator Körting wirbt für ein NPD-Verbots-Verfahren

von FELIX LEE

Der NPD-Bundesparteitag, der am Samstag im Märkischen Viertel in Reinickendorf stattfand, hat ein politisches Nachspiel – für den Berliner Verfassungsschutz. Die Grünen werfen ihm schwere Versäumnisse vor. „Der Verfassungsschutz hat den gesetzlichen Auftrag, die Politik zu beraten und vor Gefahren zu warnen“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Abgeordnetenhaus, Volker Ratzmann. „Im Falle des NPD-Parteitags ist dieser Auftrag nicht erfüllt worden.“

Seit Juni dieses Jahres sei bekannt gewesen, dass die rechtsextreme Partei die Veranstaltung in Berlin mit dem Abschluss eines Mietvertrags besiegelt habe, kritisierte Ratzmann. Dennoch sei unter anderem das Bezirksamt nicht rechtzeitig informiert worden. Falls der Verfassungsschutz von dem Parteitag nichts gewusst habe, müsse man fragen, wozu das Amt überhaupt noch da sei, so Ratzmann. Sollte die Behörde hingegen bewusst geschwiegen haben, stelle sich die Frage, ob Innensenator Ehrhart Körting (SPD) als oberster Dienstherr „die Ruhe in der Stadt wichtiger ist als die Mobilisierung der demokratischen gesellschaftlichen Kräfte gegen braunes Gedankengut“. Zu der NPD-Gegendemonstration am Tagungsort waren am Samstag lediglich rund 600 Personen erschienen. Einige protestwillige Bürger hätten gar nicht genau gewusst, wo und ob überhaupt der Parteitag stattfindet.

Auch die Debatte über ein mögliches neues NPD-Verbots-Verfahren ging gestern weiter. Körting bekam dabei Rückendeckung von ganz oben: Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) befürwortet einen neuen Versuch, die NPD vom Bundesverfassungsgericht verbieten zu lassen. Es sei „unerträglich“, dass die NPD die Privilegien einer Partei genieße, aber die Demokratie nicht akzeptiere. CDU-Generalsekretär Frank Henkel warnte hingegen vor Aktionismus. Zum einen müssten die V-Leute aus der rechten Szene abgezogen und müsse der Nachweis der Verfassungsfeindlichkeit der Partei erbracht werden. Ein solcher Spagat würde die Verfassungsorgane vor enorme Herausforderungen stellen. Ein Verbotsantrag war 2003 gescheitert, weil die Innenminister von Bund und Ländern die Rolle der Verbindungsleute (V-Leute) nicht offenlegen wollten.

Nach Ansicht des Parteienforschers Richard Stöss sollte es zunächst eine politische Auseinandersetzung der demokratischen Parteien mit der NPD geben. „Ein Parteiverbot kann nur das letzte Mittel sein“, sagte der Politologe an der Freien Universität.

Ein Einnahmeverlust droht dem Pächter des Festzentrums auf der Trabrennbahn Mariendorf. Aus Protest gegen Geschäfte mit der NPD kündigte die Gewerkschaft Ver.di den Mietvertrag für einen zum 25. November geplanten Ball. Der Pächter wollte die Räume den Rechten vermieten, deren Parteitag dann aber in Reinickendorf stattfand.

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