Wohnst Du noch?

Vor der Obdachlosigkeit kommt die Zwangsräumung, weist eine Studie nach. SPD fordert Gegenmaßnahmen

Jeden Tag werden in Hamburg sechs Wohnungen zwangsweise geräumt. Und der Großteil der Entmieteten landet in der Obdachlosigkeit. Ursache dafür ist zumeist „eine Gemengelage von Problemen“, sagte Waltraud Kokot von der Uni Hamburg gestern bei der Vorstellung der ersten Hamburger Studie über das Schicksal von Zwangsgeräumten.

Zugleich weist die 70-seitige Untersuchung, die vor einem Jahr von der SPD-Fraktion in der Bürgerschaft in Auftrag gegeben worden war, „erhebliche Defizite“ in der Tätigkeit von Senat und Behörden nach. So zumindest interpretiert der SPD-Sozialpolitiker Uwe Grund die Arbeit.

Nach der Studie, die Kokot und ihr Mitarbeiter Martin Gruber vom Institut für Ethnologie erarbeitet haben, ist Arbeitslosigkeit die Hauptursache für einen sozialen Abstieg, der immer öfter unter einer Brücke endet. Vor allem in den Fällen, in denen zudem Familien zerbrechen, Analphabetismus, Drogen oder psychische Krankheiten eine Rolle spielen, dreht sich die Abwärtsspirale demnach immer rascher: Mietrückstände, Rauswurf aus der Wohnung und Obdachlosigkeit sind die Folgen.

Steigende Mieten und der Rückgang im sozialen Wohnungsbau „verschärfen diese Lage noch“, wirft Grund dem CDU-Senat vor. Auch nehme die Mietobergrenze nach Hartz IV vielen Menschen die eigenen vier Wände nehmen: Sie liegt für eine Person bei 318 Euro für 45 Quadratmetern bruttokalt – auf dem Hamburger Wohnungsmarkt eine völlig unrealistische Summe.

Zudem bräuchten die Sozialen Dienste wieder mehr Personal für die „aufsuchende Sozialarbeit“, fordert der SPD-Abgeordnete. Viele von Wohnungslosigkeit Betroffene könnten noch heute ein Dach über dem Kopf haben, sagt Grund, „wenn ihnen rechtzeitig Hilfe angeboten“ worden wäre. SMV