Von einem, der sich was traut

Erfolgreicher Start für die Doku „Vom Schaukeln der Dinge“ über den an Parkinson erkrankten Rudolf Höhn

Die Regisseurin: „Die Krankheit darf nicht das Hauptthema im Leben werden“

„Parkinson-Eis, hier gibt es Parkinson-Eis! Das tropft und schmiert nicht“, ruft der kleinwüchsige Eisverkäufer durch den Kinosaal und wirft die ersten Eispackungen ins Publikum. „Ist das nicht ein wenig hart?“, scheinen sich einige Zuschauer zu fragen. Immerhin sind sie ins Bremer Programmkino „Gondel“ gekommen, um einen Film über den an Parkinson erkrankten Schauspieler Rudolf Höhn zu sehen. Sollte man sich darüber lustig machen? Nein, sollte man sich sicher nicht. Das wollten die Mitglieder von Höhns Theatergruppe „Pschyrembel“ auch nicht, als sie die Zuschauer mit dem Eis begrüßten. Sie wollten lediglich schon mal auf die Hauptaussage der Dokumentation „Vom Schaukeln der Dinge“ einstimmen: „Die Krankheit darf nicht das Hauptthema im Leben werden“.

Etwa 380 Menschen kamen am Sonntag vor einer Woche in die Bremer Gondel, um sich die Deutschlandpremiere des Dokumentarfilms anzusehen. Es war ein bunt gemischter Haufen, vom kantigen Rugby-Spieler über zwei Pastoren bis hin zum achtjährigen Mädchen war alles vertreten. Einige Mitglieder der Theatergruppe „Pschyrembel“ mit behinderten Menschen waren ebenfalls gekommen, schließlich spielen sie im Film wichtige Rollen.

Die 80-minütige Dokumentation zeigt das Leben des 56-jährigen Schauspielers Rudolf Höhn, bei dem vor neun Jahren die Parkinsonsche Krankheit diagnostiziert wurde. Ein Jahr lang hat Regisseurin Beatrix Schwehm Höhn begleitet. Sie zeigt sein vielseitiges Leben, in dem neben dem Theater auch Pastoren und Rugby vorkommen. Auf der Leinwand ist Rudolf Höhn zu sehen, er steht am Rande des Rugby- Feldes und macht Fotos vom Spiel. Die Jungs von Union 60 Bremen geben auf dem Feld alles, sie rennen, rempeln, stoßen, werfen. Dann Höhns Stimme aus dem Off: „Auf dem Rugby-Platz fühle ich mich einfach leicht, es ist toll, die Vielfalt der Menschen zu sehen.“ Schnitt, wir sind auf der Bühne der Shakespeare Company, die Theatergruppe „Pschyrembel“ probt. Eine Frau im Rollstuhl und ein kleinwüchsiger Mann sitzen an einem Tisch. Wieder Höhns Stimme, die erzählt, wie gerne er zuschaue, wie verschieden Menschen agieren. „Einige tun alles mit Kraft, andere mit Eleganz.“

Doch Höhn ist nicht nur Theaterregisseur und Rugby-Pressesprecher. 2005 stand er bei „Shakespeare in Trouble“ wieder selbst auf der Bühne. „Es ist toll zu sehen, dass Rudolf trotz seiner Krankheit nicht aussteigt“, sagt Schwehm. Durch die intensive Zusammenarbeit konnte sie sich gut in Höhn „hineinhorchen“, möglichst viele Aspekte seines Lebens darstellen. Zunächst gab es nur die Fernsehfassung „Dritte Halbzeit“, doch dann wollte der Filmverleih eine Fassung fürs Kino haben. „Das war ein Geschenk für mich, dann ich hatte schon immer das Gefühl gehabt, dass der Film Potenzial für mehr hat“, sagt Schwehm.

Das sahen die Premierengäste ähnlich. „Ich bin sehr beeindruckt, zu sehen, dass er die Krankheit weder verleugnet, noch mit ihr kokettiert“, sagt eine Zuschauerin, die Höhn noch aus der Zeit kennt, als er gesund war. Auch ein weiterer Premierengast ist begeistert: „Ich finde es sehr mutig, das Körperliche und Menschliche so zu betonen, das alles so nach außen zu tragen. Es ist einfach ein toller Film über einen tollen Typen.“

BIRGIT KRIEGER