wowereit, opern etc.
: Draufhauen heißt nicht recht haben

„Vielleicht habe ich aus der Schweizer Perspektive unterschätzt, wie politisiert dieses Amt und auch dieses Geschäft insgesamt hier in der Hauptstadt sein wird.“ Dieser Satz wird von Michael Schindhelms Abschied als Generaldirektor der Berliner Opernstiftung in Erinnerung bleiben. Der Satz macht hellhörig, impliziert er doch: Kulturarbeit ist in Berlin angesichts der desolaten Finanzen ohne politische Übereinkünfte, womöglich auch ohne Diplomatie und Getrickse, kaum noch praktizierbar. Folgerichtig wird sich Schindhelms Nachfolger weniger über künstlerisches, sondern über wirtschaftliches Geschick und vor allem Pragmatismus definieren müssen. Aussitzer sind nun eher gefragt als Ideengeber.

Zugleich ist der Satz durchaus als Warnung an Klaus Wowereit zu lesen. Wenn schon politische Händel über den Stellenwert von Kultur entscheiden sollen, dann aber auch mit dem richtigen Feintuning: Abwägen, sondieren, moderieren und schließlich verträglich für alle beteiligten Parteien entscheiden. Ausgerechnet gegen diese simple Regel hat der überhitzt agierende Bürgermeister zuletzt wieder und wieder verstoßen. Wer über Staats- und Stadtopern kalauert, braucht sich nicht zu wundern, wenn er mit seiner Fürbitte um größere Zuwendungen von Angela Merkel ebenso barsch abgebürstet wird.

Schindhelm geht im April 2007, Wowereit kann nur dazulernen. Sonst müsste man ihm sein blindwütiges Verhalten als Anmaßung ankreiden: Richtlinienkompetenz sieht anders aus. Noch sind sein Staatssekretär André Schmitz oder überhaupt der neue Senat nicht vereidigt, da werden vom Bürgermeister bereits die Weichen für die Kulturpolitik der kommenden Jahre gestellt – offenbar konnte Wowereit nicht einmal den Abgang des von ihm geschmähten Kultursenators Thomas Flierl abwarten. Warum hat er es so eilig, die Opernstiftung gegen die Wand zu fahren? Oder geht es um mehr: Will sich Wowereit in der Nachfolge von Gerhard Schröder als hart zupackender Machtmensch für die Bundespolitik empfehlen? Für diese Art von Profilschärfung ist Kultur ein leichtes Opfer. Wer draufhaut, hat trotzdem nicht recht. HARALD FRICKE