„Unsere Online-Demos gehen weiter“

Christian Hochhuth organisiert Proteste im Internet gegen rechts. Das Medium werde in Zukunft immer wichtiger

taz: Neonazis wollen am Sonnabend die Mobilisierungshomepage ihrer Gegner durch massenhaftes Aufrufen lahmlegen – ein ernst zu nehmender Angriff oder lediglich PR?

Christian Hochhuth: Ich würde das dazwischen ansiedeln. Das ist schon ein neues Auftreten der Rechten, vorher haben die sich im Netz noch nicht in dieser Richtung betätigt. Andererseits ist das auch keine ernsthafte Bedrohung, da die Mobilisierung zum Gegenprotest am Sonnabend bereits gelaufen sein wird und eine große Zahl der Rechten die Seite aufrufen müsste. Ich denke nicht, dass nach dem Aufruf jetzt viel folgen wird.

Sie selbst initiieren Online-Proteste. Warum rufen Sie nicht zu einer Gegendemo auf?

Wir hatten tatsächlich spontan überlegt, so etwas zu machen, und würden das auch immer noch gern tun. Aber uns fehlen einfach die Ressourcen. Wir arbeiten im harten Kern hier zu viert, alle ehrenamtlich.

Warum ziehen Sie Internet-Demonstrationen realen Protesten vor?

Unsere Online-Demos sollen immer nur ein Zusatzangebot zu den herkömmlichen Kundgebungen sein. Sie haben den Vorteil, dass sie unabhängig von Zeit und Raum veranstaltet werden können. Und sie erreichen auch Zielgruppen, die nicht auf Demonstrationen gehen wollen oder können, aber trotzdem Protest zeigen möchten. Und der Knüppel kommt bei uns von rechts – zum Beispiel in rechten Foren mit Aufrufen zu Spam-Attacken gegen uns.

Wie hat man sich Ihre Online-Demos vorzustellen?

Auf unserer Internetseite kann sich jeder mit seinem Porträtfoto eintragen. Dazu gibt es eine Sprechblase, wo man die Möglichkeit hat, seine individuelle Motivation für den Protest zu begründen. Hier ist auch der Punkt, wo das Internet ansetzen kann: Wenn eine normale Demo vorbei ist, ist sie vorbei. Im Netz kann weiterdiskutiert werden. Zum Beispiel, wie man grundsätzlich mit Rechten umgehen sollte.

Sind Online-Demos die Zukunft?

Natürlich sollte das Internet nicht das reale Leben ersetzen. Es wird immer wieder wichtig sein, auch mal auf die Straße zu gehen. Sicher wird es zukünftig aber mehr und andere Formen des Protests geben. Gerade im Netz lässt sich das leicht organisieren, ohne die ganzen bürokratischen Hürden einer echten Demo.

Aber was erreicht man politisch mit Internet-Protesten?

Wenn viele kleine Leute sich zusammenfinden, können sie auch etwas bewegen. Und ich denke, unser Projekt kommt sehr wohl bei den Rechten an, das zeigen ja die Spam-Aufrufe in ihren Foren. Und die Frage nach der politischen Wirksamkeit kann man sich auch stellen, wenn 100 vereinzelte Leute gegen einen NPD Bundesparteitag in Berlin demonstrieren.

INTERVIEW: KONRAD LITSCHKO