George W. Bush auf Kurzbesuch in Indonesien

Der amerikanische Präsident will vor allem die vor einem Jahr wiederbelebte Militärkooperation vertiefen

BANGKOK taz ■ „Sie sind nun mal nicht der beliebteste Amerikaner hier, und Demonstrationen sind ja Ausdruck einer Demokratie“, so empfing die Jakarta Post gestern den amerikanischen Präsidenten. Tausende wütender Demonstranten hatten am Vortag in Jakarta gegen George W. Bush und seinen Krieg gegen den Terror protestiert. Im benachbarten Bogor, wo sich Bush gestern Abend mit seinem Amtskollegen Susilo Bambang Yudhoyono traf, mussten die Protestler und ihre Transparente allerdings draußen bleiben. Das Stadtzentrum war abgesperrt und ein Aufgebot von 20.000 Sicherheitskräften zog Stacheldraht und Barrikaden um den Präsidentenpalast. Die Polizei prüft Hinweise, nach denen sich ein mutmaßlicher Selbstmordattentäter unter die Demonstranten mischen wollte.

Draußen Proteste, drinnen demonstrative Herzlichkeit: „Wir kooperieren in vielen Bereichen, zum Beispiel beim Kampf gegen die Vogelgrippe und bei der Erschließung alternativer Energieressourcen“, so Indonesiens Präsident Yudhoyono in einer Pressekonferenz. Beim Treffen der beiden Regierungschefs ging es jedoch vor allem um Sicherheitspolitik. Die betonte Annäherung der USA ans indonesische Inselreich kommt nicht von ungefähr. Für die Bush-Administration gilt Indonesien seit längerem als einer der wichtigsten Ansprechpartner Südostasiens im Kampf gegen den Terror – trotz massiver Kritik der indonesischen Öffentlichkeit an den US-Kriegen im Irak und Afghanistan. Mehrfach hatte die Bush-Regierung in der Vergangenheit das Vorgehen Indonesiens gegen militante Islamisten, allen voran gegen die Terrororganisation Jemaah Islamiyah (JI), gelobt.

Zudem verfolgen die USA noch ein weiteres Kalkül: den wachsenden Einfluss Chinas in der Region einzudämmen. Somit war es kein Zufall, sondern Strategie, dass die US-Regierung vor einem Jahr bekanntgab, dass sie die militärischen Beziehungen zu Indonesien wiederaufnehmen wolle. Indonesiens Präsident Yudhoyono hatte damals von „einem neuen Kapitel in der strategischen Zusammenarbeit“ gesprochen, während das US-Außenministerium Indonesien „bedeutende Fortschritte bei der Demokratisierung“ bescheinigte. Daraus folgt langfristig, dass das südostasiatischen Land nicht nur bei Ausbildung und Training seiner Soldaten unterstützt wird, sondern faktisch auch wieder Waffen kaufen darf.

Die militärische Zusammenarbeit mit Indonesien war vor sieben Jahren vom US-Kongress auf Eis gelegt worden: Indonesien war wegen massiver Menschenrechtsverletzungen während des Unabhängigkeitsreferendums in Osttimor im Jahr 1999 beschuldigt worden. Unter anderem hatten proindonesische Milizen das kleine Land verwüstet, nachdem die Bewohner sich in einem UN-Referendum für die Loslösung von Jakarta ausgesprochen hatten.

Menschenrechtsgruppen haben daher entsetzt auf die Entscheidung der US-Administration reagiert: „Für die Opfer der militärischen Gewalt in Osttimor, West-Papua und Aceh ist dies eine Beleidigung“, erklärte die indonesische Menschenrechtsorganisation Tapol auf ihrer Internetseite. Und John Miller vom East Timor and Indonesian Action Network sieht den Waffenfluss an Indonesiens Armee damit fatalerweise legalisiert. Experten schätzen, dass sich das weiterhin mächtige und nun mit US-Billigung agierende Militär Indonesiens künftig erst recht den längst notwendigen Reformen verschließen wird.

Nicola Glass