Verbraucher richten über Nanotechnik

Eine neue Untersuchung hat ermittelt, was die Kunden von winzigen Nanopartikeln in Lebensmitteln und Kosmetika halten. Ihr Urteil ist differenziert. Wegen unbekannter Risiken fordern sie Zulassungsverfahren und eine Kennzeichnungspflicht

VON MARION BUSCH

Nanopartikel filtern UV-Strahlen in Sonnencreme, machen Textilien schmutzabweisend oder Autolacke kratzfest. Auch die Lebensmittelindustrie forscht mit den winzigen Teilchen. Eine Tiefkühlpizza, die abhängig von der Mikrowellenlänge nach Tomate, Pilzen oder Tunfisch schmeckt, oder ein Milk-Shake, der Erdbeer- oder Mangoaroma entwickelt, je nachdem wie lange man ihn schüttelt – das sind die Forschervisionen.

Studien über die Folgen von Nanotechnik in Verbindung mit Nahrung existieren aber kaum. Toxikologen des Projekts Nano Care beim Forschungszentrum Karlsruhe fanden heraus, dass an sich ungiftige Stoffe giftig werden können, wenn man sie extrem verkleinert. Winzige Partikel könnten sich in der menschlichen Lunge ausbreiten oder die Blut-Hirn-Schranke überwinden. „Keine Produkte, die jetzt oder künftig mit Nano versetzt werden, dürfen in den Handel gelangen, solange man nicht entsprechende Bewertungsmaßstäbe hat“, fordert Matthias Wolfschmidt von der Verbraucherorganisation Foodwatch.

Was Verbraucher von der neuen Technik halten, wollte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wissen und beauftragte das Unabhängige Institut für Umweltfragen (UfU), eine besondere Verbraucherbefragung durchzuführen. Die Ergebnisse wurden gestern vorgestellt.

16 Verbraucher aus Berlin und Brandenburg haben sich darin eine Meinung über den Einsatz von Nanotechnik in Lebensmitteln, Textilien und Kosmetika gebildet. Ein Vierteljahr lang informierte sich die Gruppe, die aus einem Pool von 6.000 Personen ausgewählt wurde, über Risiken und Potenziale der Nanotechnik. Vom 20-jährigen Chemiestudenten über eine Finanzbuchhalterin bis zum pensionierten Landwirt war eine bunte Mischung aus Alt und Jung, Mann und Frau, Ost und West sowie Stadt und Land vertreten.

Das Votum der Verbraucher fiel differenziert aus. Einerseits fanden sie, dass Nanotechnik in Verpackungen nützlich für die Lebensmittelsicherheit sein kann. Sei es um die Kühlkette zu überprüfen oder verdorbene Lebensmittel zu enttarnen. Andererseits sah die Gruppe den Zusatz von Nanopartikeln in der Nahrung selbst als sehr kritisch an. Denn es ist nicht erwiesen, was diese Stoffe im menschlichen Körper anrichten können. Die Verbraucher forderten daher ein Zulassungsverfahren für Nanopartikel und eine Kennzeichnungspflicht.

Es herrscht große Unsicherheit, welche Nanolebensmittel bereits auf dem Markt sind. Angeblich wird ein Ketchup angeboten, der mittels winziger Kieselsäureteilchen besser durch die Flasche fließen soll. Einen Hersteller für ein solches Produkt konnte das BfR allerdings nicht nennen. Unter anderem in den USA wird aber eifrig zu Nanofood geforscht. „Wir wissen, dass Kraft Foods seit 1999 eine Forschungsgruppe eingerichtet hat, die sich mit Nanotechnik im Bereich der Lebensmittelherstellung befasst“, sagt Matthias Wolfschmidt. Experten gehen davon aus, dass Nanotechnik bei Lebensmitteln eher in der Verpackung zum Einsatz kommt. So gibt es eine Frischhaltefolie, bei der Nanopartikel verhindern, dass Sauerstoff und UV-Strahlen eindringen. Oder es werden Verpackungen entwickelt, die die Farbe verändern, wenn der Inhalt schlecht geworden ist.