restitution etc.
: Bittere Gefühle vermeiden

Glücklicherweise gibt es inzwischen das Amt des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien. Und glücklicherweise ist der aktuelle Amtsinhaber kein Schöngeist, sondern ein Politiker, der den Ernst der Lage, aber auch die Chance erkennt, die sich seinem Amt bietet – dem ja die im Namen behauptete Zuständigkeit fehlt. Die liegt bei den Ländern.

Es geht um „die moralische Verantwortung für die Restitution von NS-Raubkunst, wie sie im Washingtoner Abkommen fixiert ist“. Zu der, wie Bernd Neumann vorgestern bekräftigte, „Deutschland uneingeschränkt steht“. Deutschland, nicht Bayern, Sachsen oder Sachsen-Anhalt, um nur einige der Länder zu nennen, die zwar mit Bund und Kommunen eine „Handreichung“ zur Washingtoner Erklärung erarbeiteten, um leichter den „fairen und gerechten Ausgleich“ zwischen den heutigen Besitzern und den Erben der durch das NS-Regime verfolgten jüdischen Sammler zu finden. Die aber jenseits dieses bürokratischen, kostenneutralen Prozederes ihren Museen weder Mittel für die nötige Provenienzforschung und deren bundesweite Vernetzung zur Verfügung stellten noch einen länderübergreifender Report über Restitutionsanfragen für nötig hielten. All dies fordert Bernd Neumann nun, nachdem ihm die umstrittene Rückgabe von Ernst Ludwig Kirchners „Berliner Straßenszene“ Anlass zu einem Treffen mit Spitzenvertretern der Museen und Kunstexperten gab. Dass es längst überfällig war, belegt erneut die Unfähigkeit der Länder, ihrem Anspruch auf Kulturhoheit gerecht zu werden.

Rückgaben müssten künftig „transparenter, koordinierter und nachvollziehbarer“ geschehen, lautet ein Arbeitsauftrag des Treffens. Nur so lässt sich der Öffentlichkeit der Verlust eines Kunstwerks vermitteln, der ein kleines Museum wie das Brücke-Museum empfindlich trifft. Horrende 38 Millionen Dollar bringt eben nur ein Sammler wie Ronald Lauder auf, der in typischer Provinzlermanier glaubt, allein in New York erfahre Kunst ihre rechte Würdigung.

Die muss sie auch in Deutschland wieder erfahren: Indem sich der Bund den Ländern und Gemeinden – unter Einbeziehung der Kulturstiftung des Bundes wie der der Länder – als interessierter und informierter Supervisor für die Vielzahl von Restitutionsverfahren anbietet, die bevorstehen. Damit wären wenigstens die minimalen Voraussetzungen für tragfähige Vereinbarungen zwischen Erben und Museen geschaffen, um bittere Gefühle auf der einen oder anderen Seite zu vermeiden.

BRIGITTE WERNEBURG