Polizisten kämpfen um Einfluss

In der Gewerkschaft der Polizei (GdP) schwelt seit langem ein Konflikt zwischen dem Landesvorsitzenden und seinem Stellvertreter. Auf dem Bundeskongress der GdP ist der Machtkampf nun offensichtlich geworden

Insidern ist seit längerem bekannt, dass seit gut zwei Jahren innerhalb des Berliner Landesverbandes der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ein Personalkonflikt schwelt. Nach dem Bundeskongress der Gewerkschaft in der vergangenen Woche in Berlin droht er nun offen auszubrechen. Schuld daran ist vermutlich die Technik: Hätte das elektronische Abstimmungsverfahren nicht versagt, hätte wohl kaum jemand bemerkt, dass Teile der Berliner Delegierten ihrem eigenen Kandidaten für den Bundesvorstand die Stimme verweigert haben.

Wie oft in solchen Fällen möchte niemand namentlich zitiert werden. Doch der Riss, der sich durch die Berliner GdP zieht, könnte sich noch merklich vertiefen. „Der Big Bang kommt noch in dieser Wahlperiode“, prophezeit ein Berliner Gewerkschaftsmitglied.

Was ist geschehen? Detlef Rieffenstahl, Personalrat in der Kreuzberger Direktion 5, stellvertretender Berliner GdP-Landesvorsitzender und seit inzwischen acht Jahren auch im Bundesvorstand vertreten, hatte sich dort vor einer Woche ohne Gegenkandidaten zur Wiederwahl gestellt. Dass er dennoch im ersten Wahlgang die notwendige Mehrheit verfehlte, war an sich schon ungewöhnlich genug. Als dann auch noch unerwartet eine Gegenkandidatin aus Niedersachsen mit bereits fertig vorbereiteter Vorstellungsrede auftauchte, war die Überraschung perfekt.

So etwas riecht schnell nach Intrige. Die nun notwendige absolute Mehrheit erreichte daraufhin niemand der Kandidaten. Einen dritten Wahlgang „musste ich mir nicht mehr antun“, erklärte Rieffenstahl. „Den Detlef haben die volle Kanone versenkt“, heißt es denn auch unter der Hand. Die andere Seite nimmt für sich in Anspruch, bis zur Bekanntgabe der Gegenkandidatur von nichts gewusst zu haben.

Kungeleien im Vorfeld

Je nach Lager machen die einen den Berliner Landesvorsitzenden Eberhard Schönberg für den Coup verantwortlich. Von „Strippenzieher“ ist da die Rede. Die Gegenseite bestreitet vehement, dass es im Vorfeld irgendwelche Kungeleien gegeben habe. GdP-Chef Schönberg selbst hütet sich, weiteres Öl ins Feuer zu gießen und spricht von „einem ganz normalen demokratischen Prozess“. Er plädiert dafür, den Blick nach vorn zu richten und „mit voller Kraft an die weitere inhaltliche Arbeit zu gehen“.

Dass es zwischen Rieffenstahl und Schönberg seit längerem Meinungsverschiedenheiten gibt, war zuletzt im Frühjahr dieses Jahres deutlich geworden. Damals war der 56-jährige Polizeihauptkommissar bei den notwendig gewordenen Neuwahlen für den Berliner Landesvorstand kurzfristig gegen seinen Gewerkschaftsboss angetreten.

Die dabei aus dem Stand erzielten 41 Prozent machten deutlich, dass es in der Berliner GdP kriselt und sich dort zwei starke Lager gegenüberstehen. Ob es sich hier nur um menschliche Verwerfungen zwischen den beiden Kontrahenten handelt oder eher wesentlich tiefer gehende (gewerkschafts-)politische Gründe ausschlaggebend sind, ist derzeit noch unklar. Immerhin war Schönberg lange Jahre Mitglied der SPD, Rieffenstahl dagegen bis vor kurzem noch CDU-Mann.

Kommt der Big Bang?

Wenn es in der größten polizeilichen Interessenvertretung tatsächlich demnächst zu einem „Big Bang“ kommen sollte, ist es allerdings egal, wie dieser dann ausgehen mag. Verlierer wären angesichts der aktuellen Berliner Probleme in jedem Falle die PolizeibeamtInnen.

Otto Diederichs