polizei sperrt u-bahn
: Gefährlich unsensibel

Die Polizei hat ein großes Lob verdient. Als am Samstagabend rund 100 Demonstrantinnen und etwa zwei Demonstranten in Mitte an den Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen erinnerten, war sie zielgruppengemäß präsent. Als unmittelbare Begleitung waren zwei Polizistinnen vor Ort. Die männlichen Beamten hielten sich im Hintergrund. So viel Einfühlungsvermögen der Ordnungshüter kann man gar nicht weit genug herausstellen. Denn es sollte beispielhaft für den Umgang mit Protestmärschen sein. Wie weit aber die Polizei von der ebenso notwendigen wie möglichen Gelassenheit noch entfernt ist, hat sie nur wenige Stunden zuvor gezeigt – bei der Silvio-Meier-Demonstration.

Kommentar von Gereon Asmuth

Natürlich ist es die Hauptaufgabe der Polizei, eventuelle Ausschreitungen rund um Demonstrationen zu verhindern. Selbstverständlich muss sie die Teilnehmer eines genehmigten Aufzugs vor Angriffen schützen. Und es liegt auch auf der Hand, dass Unbeteiligte vor Übergriffen aus einer Demonstration bewahrt werden müssen. Doch keines dieser Ziele rechtfertigt einen massiven Eingriff der Polizei in den öffentlichen Nahverkehr, wie er am Samstag erfolgt ist.

Wenn sieben U-Bahnhöfe über mehrere Stunden gesperrt werden, bloß weil oben auf der Straße eine Demonstration entlangzieht, ruft das selbstverständlich den Unmut der Fahrgäste hervor. Fast unausweichlich wird das Vorurteil genährt, dass Demonstranten mal wieder die halbe Stadt blockieren würden. Das hohe Gut des Demonstrationsrechts wird somit unnötig in den Dreck gezogen.

Dennoch neigt die Polizei zunehmend dazu, bei unbequemen Lagen halbe Stadtviertel abzuriegeln. Vom Standpunkt des Sicherheitsstrategen aus mag das logisch erscheinen. Für Verfechter von Freiheitsrechten ist diese Holzhammermethode eine Katastrophe.