el masris briefe aus amerika (3)
: „Die Regierung fordert, dass sich das Gericht heraushält“

Am Dienstagnachmittag deutscher Zeit verhandelte das Berufungsgericht Richmond im US-Bundesstaat Virginia über die Klage des Deutschen Khaled El Masri, der 2003 vom US-amerikanischen Geheimdienst nach Afghanistan verschleppt worden war. Die taz dokumentiert die Eindrücke El Masris während seiner einwöchigen Reise in die USA.

United States Court of Appeals for the Fourth Circuit, Richmond, Virginia, Dienstag, 9.30 Uhr. Der Saal war riesig, sah aus wie der Innenraum einer Kirche. Es waren etliche Menschen da, vielleicht fünfzig.

Unser Fall war als Letztes dran. Wir mussten etwa eine Stunde warten und konnten die drei vorangehenden Verhandlungen mitverfolgen. Da dachte ich schon, die Richter sind aber ganz schön brummig. Aber bei uns waren sie anders. Sie haben viel nachgefragt und meinen Anwälten der ACLU, der American Civil Liberties Union, genau zugehört. Es gab eine lange Auseinandersetzung zwischen Ben Winzer, meinem Verteidiger von der ACLU, und den Vertretern der US-Regierung. Mein deutscher Anwalt Manfred Gnjidic meinte, Ben habe richtig geglänzt und super argumentiert. Leider konnte ich nicht alles verstehen. Ich hatte zwar eine Dolmetscherin, doch einer von den Richtern hat uns ermahnt, dass hier nicht geredet wird. Mir selbst haben sie keine Fragen gestellt.

Die US-Regierung, die gegen uns argumentiert hat, wurde von drei Anwälten vertreten. Ben wies darauf hin, dass Bush Anfang September zugegeben hat, dass es geheime CIA-Gefängnisse gibt. Auch meinte er, dass mittlerweile bekannt ist, was bei den Überstellungsflügen mit den Gefangenen gemacht wird. Mein Fall könne also behandelt werden, ohne dass weitere Geheimnisse preisgegeben werden müssten. Trotzdem ist die US-Regierung bei ihrer Meinung geblieben. Die haben das so begründet: Wenn der Chef der CIA sagt, dass es sich hier um Staatsgeheimnisse handelt, dann sind es Staatsgeheimnisse, und die Gerichte haben sich rauszuhalten.

Ich habe dennoch einen ganz guten Eindruck. In Afghanistan hatte mir mal ein Wärter gesagt, Du bist jetzt in einem Land, wo es keine Gesetze gibt. Heute hatte ich zumindest das Gefühl, dass ich ich einem Land bin, wo es Gesetze gibt.

Aufgezeichnet von Isabella Kempf und John Goetz