Mit „Gulfstream“ in die Masuren

Polnische Lokalmedien berichten von Landungen von CIA-Flugzeugen auf dem Militärflughafen Szymany. Polens Regierung schweigt und lehnt Gespräche mit dem Brüsseler Parlamentsausschuss ab

WARSCHAU taz ■ „Im September 2003 landete auf unserem Flugplatz eine geheimnisvolle Boeing 737 aus Afghanistan“, sagt Mariola Przewlocka. Die ehemalige Direktorin des offiziell stillgelegten Flugplatzes von Szymany in den Masuren blickt ruhig in die Kamera, während sie dem unabhängigen polnischen Privatsender TVN Beobachtungen bestätigt, die das offizielle Polen dem CIA-Untersuchungsausschuss des Europaparlaments vorenthielt.

Fünf weitere kleinere Maschinen des Typs „Gulfstream“ seien zwischen Februar 2002 und September 2003 auf ihrem Flughafen gelandet, sagte Przewlocka. Bei all diesen Landungen sei es den Flughafenangestellten verboten gewesen, sich den Flugzeugen zu nähern. Stattdessen seien Grenzschutz sowie Kleinbusse mit abgedunkelten Scheiben vorgefahren. Die Flugzeuge seien so geparkt gewesen, dass niemand gesehen habe, ob jemand aus- oder einsteige. „Das ist überhaupt nichts Neues; und überdies beweist es nichts“, erklärte der polnische Europaparlamentarier Ryszard Czarnecki, Mitglied des Ausschusses. Andere nennen Przewlockas Aussagen dagegen einen Durchbruch.

Nach Mazedonien und Rumänien wurde Polen Anfang November als letztes Land von der EP-Sonderkommission besucht. Diese stieß auf schlecht verborgene Ablehnung. Polens Außenministerin Anna Fotyga hatte ein Treffen mit dem Ausschuss bereits vor Monaten ausgeschlagen. Kurz vor Eintreffen der Untersuchungskommission sagten auch Verteidigungsminister Radoslaw Sikorski und Andrzej Lepper, der Landwirtschaftsminister der Kaczyński-Regierung, ab.

Seit die Washington Post vor Jahresfrist Nachforschungen publiziert hatte, die darauf hindeuten, dass die CIA unter anderem in Polen geheime Gefängnisse unterhalten oder zumindest gefangene Al-Qaida-Mitglieder über Polen in Drittstaaten verschoben hat, windet sich Polens Regierung. Mitte Dezember 2005 hatte der inzwischen von Jaroslaw Kaczyński abgesägte Premierminister Kazimierz Marcinkiewicz überraschend angekündigt, den Vorwürfen nachzugehen. Doch diese Untersuchung versandete. Journalisten machten sich daher selbst auf die Suche.

Berichte von Human Rights Watch deuteten auf zwei Objekte in den Masuren hin. Rund 50 Kilometer südöstlich von Olsztyn (Allenstein), tief in den Wäldern versteckt, befindet sich der offiziell geschlossene Militärflughafen Szymany sowie die Agentenschule bei Stary Klejkuty – offiziell Militärobjekt 2669 genannt. Nachforschungen der Lokalpresse ergaben, dass auf dem Flughafen von Szymany noch 2004–2005 mindestens vier Flugzeuge der CIA vom Typ „Gulfstream“ sowie eine Boeing 737 gelandet seien. Die Maschinen hätten jeweils weit vom Tower entfernt gestoppt und zwei Minibusse mit verdunkelten Scheiben seien vorgefahren, schrieb die Gazeta Olsztyńska unter Berufung auf anonymes Flughafenpersonal.

Fünf Kilometer durch tiefe Wälder muss fahren, wer wie jetzt die Europaparlamentarier zum Flughafen von Szymany will. Die Asphaltstraße wird von teils löchrigen Stacheldrähten begrenzt. „Militärisches Sperrgebiet – Betreten verboten“ warnen verblichene Schilder.

Die Anwohner halten sich bedeckt. Er bewache hier nur noch die Einrichtungen, sagt ein freundlicher Wachmann. „Gehört habe ich nur die Gerüchte, aber keine Flugzeuge“, berichtet ein Holzarbeiter im nahen Dorf Nowiny, von wo aus man Starts und Landungen in Szymany besonders gut hören müsste. Vor rund vier sei Jahren letztmals eine Chartermaschine mit deutschen Heimwehtouristen gelandet. Auch in Szymany selbst konnte sich niemand entsinnen, hier in den letzten vier Jahren ein großes Flugzeug beim Start oder bei der Landung beobachtet zu haben. Aber zum Pilze- und Beerensammeln sei der Flughafen mit seinem löchrigen Schutzzaun ideal. PAUL FLÜCKIGER