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: Die Kriege der Zukunft sind wie die von heute

Guantánamo im Weltall: Die erste Staffel der Science-Fiction-Serie „Battlestar Galactica“ verhandelt aktuelle US-Politik

Der Angriff kam schnell und war vernichtend. Die Menschheit ist, von einem kläglichen Überrest abgesehen, ausgelöscht. Der übermächtige Gegner, die Cylons, sind – Ironie des Schicksals – von Menschen geschaffene Wesen. Sie besetzen den Planeten Caprica, die Heimat der Menschen. Diese treiben nun in einer kleinen Flotte durch den Weltraum, angeführt vom technisch veralteten Kampfstern Galactica. Ihr militärischer Führer ist der Veteran Bill Adama (Edgar James Olmos), der kurz vor der Verrentung steht. Zur Präsidentin gewählt wird Laura Roslin (Mary McDonnell), als einstige Erziehungsministerin die einzige Überlebende des Kabinetts. Der Rest der Menschheitsgeschichte besteht aus Überlebenskämpfen und Rückzugsgefechten.

Mit der bis heute von manchem heiß verehrten Weltraumoper „Battlestar Galactica“, die Ende der Siebzigerjahre als Star-Trek-Variation über eine einzige Staffel nicht hinauskam, hat die 2003 mit einer Miniserie gestartete Neuauflage wenig zu tun. Sie begreift sich nicht als Fortsetzung, sondern als Re-Imagination. Zwei der Hauptfiguren, das Flieger-As Starbuck und der Flieger-Captain Boomer, sind jetzt Frauen (dargestellt von Katee Sackhoff und Grace Park).

Ästhetisch setzt die auf hochauflösendem Video gedrehte neue Version auf den verité-Stil der beweglichen Handkamera. Charakteristisch sind Großaufnahmen von Gesichtern, Rücken, Gegenständen, mit denen alle Raumzusammenhänge bewusst verstellt werden. Die Atmosphäre ist ein bedrückendes Gemisch aus Klaustrophobie und Anspannung. Darin ist die erste Folge „33“ eindrucksvoll programmatisch. Alle 33 Minuten muss, auf der Flucht vor den verfolgenden Cylons, ein Raumsprung unternommen werden, stundenlang, tagelang, ohne Ruhepause, ohne Schlaf. Wie Zombies schleichen die übermüdeten Verantwortlichen durch die Gänge des Schiffs.

Es ist Krieg, und im Grunde ist „Battlestar Galactica“ eine Kriegsfilm- wie eine SciFi-Serie. Und es ist Krieg, weil Amerika im Krieg ist, daraus macht Ronald D. Moore, der Schöpfer der neuen Version, kein Geheimnis.

Alles Weltraumopernhafte und alle Science-Fiction-Versatzstücke stehen deshalb in „Battlestar Galactica“ im Dienst der einen Frage: Wie kann man im Kriegszustand menschlich bleiben? Forciert wird das Problem dadurch, dass – „Blade Runner“ lässt grüßen – die Cylons längst den Menschen ähneln. Damit aber steht das cylonfeindliche Verhalten der Überlebenden unter Rassismusverdacht. Barbarisch ist es, den Feind als Untermenschen zu behandeln. Natürlich darf und soll man an das Gefängnis Abu Ghraib denken und an Guantánamo.

„Battlestar Galactica“ setzt, im Science-Fiction-Gewand, mit einigem Pathos auf ethisch aufgeladene Entscheidungssituationen. Damit ist die Serie näher am „West Wing“ als an „Star Trek“ und eine dringende Empfehlung gerade für alle, die mit Science Fiction sonst wenig anfangen können. EKKEHARD KNÖRER

Die erste Staffel von „Battlestar Galactica“ ist im Handel erhältlich