„Keiner soll ‚Bimbo‘ sagen“

Adebowale Ogungbure spielt Fußball in der ostdeutschen Oberliga. Das ist ein Problem für den schwarzen Profikicker von Sachsen Leipzig, denn er wird auf dem Platz regelmäßig beschimpft

INTERVIEW STEFAN RUWOLDT

Adebowale Ogungbure (25) spielt seit acht Jahren in Deutschland Fußball. Nürnberg, Reutlingen und Cottbus waren seine bisherigen Stationen. Beim Leipziger Viertligisten Sachsen Leipzig ist er nun anderthalb Jahre unter Vertrag. Der Libero war Stammspieler in der Abwehrkette des Aufstiegsaspiranten Sachsen. Im Frühjahr sorgte Ogungbure für Schlagzeilen, als er „Bimbo“-Rufe aus dem Publikum mit dem Hitlergruß beantworte. Gegen ihn wurde ermittelt, die Klage später fallengelassen. Doch nun ist Ogungbure für vier Spiele gesperrt – wegen einer Tätlichkeit. Weil er den Mittelfeldspieler des VFC Plauen, Andriy Zapishnyi, auf dem Platz ins Gesicht schlug, verurteilte ihn das Sportgericht zu vier Spielen Sperre. Ogungbure erklärte, er bereue, zugeschlagen zu haben, doch er verstehe nicht, dass sich Zapishnyi mit 300 Euro Strafe für rassistische Beschimpfungen freikauft und weiterspielt, sagt er im taz-Interview.

taz: Herr Ogungbure, Zapishnyi zahlt 300 Euro und spielt weiter. Sie können voraussichtlich erst 2007 wieder auflaufen. Sind Sie unzufrieden mit dem Sportgerichtsurteil?

Adebowale Ogungbure: Ja, der bezahlt und geht. Jeder Spieler in der Oberliga kann locker 300 Euro bezahlen. Kein Problem. Es geht mir ja nicht nur um die Strafe oder um die Spiele, die ich versäume. Nein, es scheint fast so, als ob es richtig wäre, was er zu mir gesagt hat.

Zapishnyi erklärte, er habe sie lediglich „Scheißkerl“ genannt und „Verpiss dich!“ gesagt.

Kameras haben die Szene aufgenommen, und auch drei Spieler haben gehört, was er gesagt hat. Aber was bleibt, ist: Ich, Ogungbure, habe jemanden geschlagen. Rassismus im Stadion interessiert doch keinen, dafür gibt es vielleicht nicht mal einen Strafzettel.

Rassismus im Stadion interessiert keinen?

Ich war in Nürnberg in der 2. Liga, da hat es so etwas nie gegeben, Beschimpfungen oder diese „Bimbo“- oder „Nigger“-Rufe. Aber hier in Leipzig weiß ich schon vorher, was passiert. Die Zuschauer rufen „Bimbo“. Ich kann darauf warten. Das ist normal, alle finden das hier normal. In Cottbus habe ich das nie gehört. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass das hier die Oberliga ist.

Was ist in Leipzig bzw. in der Oberliga anders?

Leipzig als Stadt ist eigentlich gut. Auf der Straße habe ich mit niemandem Probleme. Aber es gibt eben die Leute, die mich auf dem Platz beschimpfen. Ich weiß nicht, woran das liegt. Die haben vielleicht Probleme an ihrem Arbeitsplatz, oder sie kennen es nicht anders. Ich bin 1.000 Meilen von zu Hause weggegangen, um hier Fußball zu spielen. Mehr nicht. Leider haben die Zeitungen nicht über die Umstände geschrieben oder was es für mich bedeutet, wenn so etwas zu mir gesagt wird. Nein, sie haben nur davon geschrieben, dass ich den anderen geschlagen habe.

In Deutschland hatten Sie sich das anders vorgestellt?

Hm. Niemand kommt und sagt dir, wie die Deutschen sind, was man tun muss, um alles richtig zu machen. Das musst du lernen. Dazu kommt, dass die Leute überall anders sind. Ich habe zwar mittlerweile viel Erfahrung. Aber ich kann trotzdem nicht verstehen, warum die Leute nur noch sagen und warum nur noch geschrieben wird, ich wolle Deutschland jetzt verlassen.

Sie haben selbst davon gesprochen, nach England oder Frankreich wechseln zu wollen. Ist das noch aktuell?

Ja, ich habe es einmal gesagt. Aber mir gefällt es hier. Das Einzige, was ich sage, ist: „Ich bin kein Bimbo.“ Und ich verlange, dass das respektiert wird. Vielleicht muss ich dafür jetzt in die Regionalliga wechseln.

Deutschland zu verlassen, weil das alles passiert ist, nein, das ist kein Thema für mich. In der Mannschaft habe ich Unterstützung, auch im Verein. Alle in der Mannschaft sind Freunde. Man streitet sich ein bisschen, aber das ist Fußball, weil jeder scharf auf den Ball ist und jeder böse ist, wenn er den Pass nicht bekommt.