tempelhof
: Darauf fliegt die Minderheit
Es ist schon seltsam. Immer wenn es um die Ausweitung der Bürgermitbestimmung geht, steht die CDU auf der Bremse. Kaum aber sind die Möglichkeiten der direkten Demokratie verbessert, drückt die Union aufs Gas. Das war bei der Einführung des Bürgerentscheids auf Bezirksebene so. Und es wiederholt sich nun nach der Erleichterung des Volksentscheids auf Landesebene. Dennoch ist dieser Lerneffekt der Union nur zu begrüßen.
Kommentar von Gereon Asmuth
Inhaltlich ist die Initiative für Tempelhof zwar eine Katastrophe. Denn der innerstädtische Flughafen ist aus ökologischer wie ökonomischer Sicht ein Anachronismus. Doch zum Glück hat die Bevölkerung das letzte Wort.
Denn der kuschelige Retroflughafen stillt derzeit nur drei Bedürfnisse. Zum einen sind das westalgische Erinnerungen an die Zeit der Rosinenbomber, als US-Flieger die Insel im Kommunismus versorgten. Da kann ein Museum Abhilfe leisten. Zum anderen ist da das Interesse der Übereiligen, die mit ihren aus der Firmenschatulle finanzierten Privatjets oder mit den aus dem Steuersäckl bezahlten Beamtenbombern am liebsten gleich in ihren Büros landen würden. Deren dreiste Faulheit muss hinter dem Ruhe- und Sicherheitsbedürfnis der Anwohner zurückstehen. Und drittens gibt es noch das ungestillte Verlangen der Oppositionsparteien nach Aufmerksamkeit – egal durch welches Thema.
Die 20.000 Unterschriften für die erste Stufe des Volksbegehrens werden mit diesem kruden Argumentationsmix dennoch erreichbar sein. Schließlich wurde die Hürde extra gesenkt, damit auch Minderheitenpositionen diskutiert werden. Bei einer Abstimmung aber müssten die Flughafenfans vor allem Unbeteiligte an die Urnen bewegen – während die Betroffenen schon durch permanenten Düsenkrach an den Erholung versprechenden Ausflug zum Wahllokal erinnert werden. Das Ergebnis dürfte klar sein.
Es würde noch deutlicher, wenn alle Menschen in den Einflugschneisen mitreden könnten. Doch abstimmen über die Jets am Himmel über Berlin darf man trotz direkter Demokratie leider nur mit deutschem Pass.
