Zigeuner vs. Bauernfänger

Spaß beiseite, jetzt geht es um Geld: Ein rumänisches Dorf klagt gegen „Borat“ – ein Gerichtsbericht aus New York

Zu einer ersten Anhörung in Sachen „Borat gegen den Rest der Welt“ versammelten sich am Montag die Parteien „Kleines, verärgertes Dorf Glod aus Südrumänien“ gegen den „Bösen Multi Twentieth Century Fox“ im Bundesgericht Süd in New York City.

Wer darauf hoffte, ein Autogramm vom einarmigen Nicolae Todorache aus Glod zu erhaschen oder Sacha Baron Cohen endlich mal adäquat beschimpfen zu können, lag falsch. Jede Partei schickte dunkle Anzüge, in denen Anwälte steckten. Anwälte, die wissen, dass sich mit Sammelklagen in den USA der ein oder andere Cent verdienen lässt. Die Kläger fordern nun 30 Millionen US-Dollar von Twentieth Century Fox, genauer: das philanthropische Anwaltsduo Fagan/Witti. Ed Fagan streitet derzeit in Sachen Seilbahnunglück in Kaprun, Atomkraftwerk in Temelín und Zugunglück in Enschede. Im Jahr 2000 vertrat er Holocaustopfer bei ihren Klagen in Deutschland und Österreich und kassierte bei der Unterzeichnung der Vereinbarung zur Gründung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ als einer der Vermittler 62,5 Millionen US-Dollar.

Wenn man den Münchner Anwalt Michael Witti in der Gerichtskantine zwischen grüner Wackelgrütze und Käsekuchen danach fragt, warum er den Fall angenommen hat, muss er erst mal tief durchatmen – um dann kein Ende zu finden: „Knallhartes Kalkül führte da zu einer Verletzung“, sagte er der taz.

Im Gerichtssaal blickt Richterin Loretta A. Preska mit der silbrigen Kastenfrisur und den grellroten Nägeln mitunter ein wenig mitleidig vom Richterinnenpodium auf den sich ereifernden Rechtssprecher Fagan hinab.

In der New Yorker Journaille wird gemunkelt, Fagan initiiere immer mal wieder gern dramatische Prozesse, die dann noch vor der intensiveren Beweisaufnahme wieder versanden. So könnte es auch im Falle Glod passieren. Die Anklage lautet: Betrug und Missbrauch von Leuten, die vielfach nicht mal ihre Muttersprache, geschweige denn Englisch lesen können.

„Die Angeklagten erklärten den Klägern, dass der Film eine Dokumentation über Armut in Rumänien sei. Die Angeklagten versprachen den Klägern, dem Dorf und seinen Einwohnern zu helfen. Die Angeklagten logen, machten irreführende Aussagen (…). Die Angeklagten diskriminierten die Kläger und verletzten Gesetze, die zum Schutz von Sinti und Roma gegen Diskriminierung erlassen worden waren. Das zentrale Motiv des Films war die Darstellung der Kläger, anderer Dorfbewohner und anderer Sinti und Roma als Diebe, Rassisten, Vergewaltiger und Abtreiber. Die Angeklagten sagten den Klägern niemals die Wahrheit über diesen Film.“

Nun geht es Fagan darum, dass Twentieth Century Fox die Verträge herbeischafft, von denen er behauptet, sie seien in Englisch abgefasst gewesen, die Dorfbewohner behaupten, sie hätten sie nie bekommen und schon gar nicht unterschrieben, und Slade R. Metcalf, Verteidiger der Twentieth Century Fox, behauptet, die Dorfbewohner seien von einem Übersetzer über den Inhalt der Verträge informiert worden. Bis Anfang Januar soll sich Richterin Preska nun entscheiden, ob sie das Verfahren gegen die Filmfirma aufnimmt oder fallen lässt.

Sollten sich die rumänischen Dorfbewohner nicht juristisch-lukrativ vermarkten lassen, hat Fagan schon einen weiteren Fall auf dem Radar, der die mitteleuropäische Homosexuellenszene und die Österreicher wahrscheinlich im Jahr 2008 in Wallung bringen wird – den des schwulen Österreichers „Bruno“, Sacha Baron Cohens nächstes Projekt. LIA PETRIDIS