Geschäfte mit der Erderwärmung

Schon wieder fährt die deutsche Wirtschaft nach China: Diesmal geht’s um Klimaschutz

PEKING taz ■ Klimaschutz, an dem alle verdienen – in der schönen, neuen Welt des „Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung“ (Clean Development Mechanism, CDM) heißt die Hauptstadt Peking. China wird 2009 die USA als weltgrößten Klimasünder ablösen. Also ist Peking der wichtigste Bewährungsort für den Klimaschutz.

Das ahnte wohl auch Richard Hausmann, Vorsitzender der deutschen Handelskammer in China, als er gestern in Peking eine ungewöhnliche Klimakonferenz eröffnete. Diesmal waren es nicht westliche Diplomaten und kommunistische Bürokraten, die sich trafen, sondern Manager deutscher und chinesischer Firmen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel wird heute auf der Konferenz sprechen.

Hausmann erklärte zur Eröffnung: „China hat ein hohes Potenzial zur Einsparung von CO2-Emissionen, und Deutschland kann helfen.“ Was nun wieder nach Entwicklungshilfe klang – ein rotes Tuch für Manager. CDM ist eine Mischung aus Geschäft und Entwicklungshilfe. Erstmals sollte er auf der zweitägigen Konferenz zwischen deutschen und chinesischen Firmen einstudiert werden. Der Mechanismus entstammt dem Kioto-Protokoll zur Reduktion von Treibhausgasen und erlaubt westlichen Konzernen, in anderen Ländern Projekte zur Einsparung von Treibhausgasen zu finanzieren. Damit können die Firmen in Ländern wie China ihre heimischen Verpflichtungen nach dem Kioto-Protokoll auf billigere Art und Weise erfüllen. Sie profitieren davon, dass es in China sehr viel günstiger ist, eine Tonne Koh- lendioxid einzusparen. Chinesische Unternehmen wiederum bekommen moderne Technologie samt nötiger Finanzierung. Es geht nicht nur um Peanuts. Die Weltbank beziffert den Marktwert für 2006 auf 3,3 Milliarden Dollar – 60 Prozent werden davon in China umgesetzt. Bisher dominieren hier Projekte in der Chemieindustrie. China wird durch CDM-Projekte 2006 insgesamt 92 Millionen Tonnen CO2 sparen. Doch soll das nur der Anfang sein. „Deutsche Anlagen und Technologie lassen sich durch den CD-Mechanismus in China leichter vermarkten“, meint Hausmann, der auch Siemens-Manager ist. Siemens ist heute wichtigster ausländischer Technologielieferant für den Bau von Kohlekraftwerken – ein Schlüssel zur Verbesserung der Energieeffizienz der chinesischen Kohleindustrie. Die sorgt heute für 70 Prozent aller chinesischen Emissionen – die klimaschädlichste Industrie der Welt.

CDM kann dort also viel bewirken. Doch bisher passiert wenig. Einerseits blockieren chinesische Vorschriften, weil sie Projekte nur im Rahmen von Joint Ventures erlauben. Andererseits stehen Firmen wie Siemens unter dem Verdacht, nicht ihre allerneueste Technologie im Rahmen des Mechanismus rausrücken zu wollen. In solchen Fällen warten die Chinesen lieber ab – bis sie selbst die entsprechende Technologie entwickelt haben.

GEORG BLUME, BABAK TAVASSOLIE

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