SUSANNE LANG über DIE ANDEREN
: Mrs Body-Shop, wir müssen reden!

Jetzt will sogar ein britisches Unternehmen deutschen Frauen zu mehr Kindern verhelfen. Geht’s noch?

Seit die Wirtschaft wieder nett zu uns ist, warte ich auf meinen persönlichen Aufschwung. Bisher tat sich nicht sehr viel. Gemäß der allgemeinen Stimmungslage blieb ich jedoch optimistisch und malte ihn mir aus:

„Das neue Jahr rückt immer näher“, würde mir eines Tages jemand zuflüstern, und „mit ihm eine tolle Chance“: ein inspirierendes, fantastisches, neues Geschäftsmodell. Sie verdienen Geld. Sie dürfen sich Ihre Arbeit flexibel einteilen. Sie behalten Ihre alten Freunde und gewinnen viele neue hinzu. Sie halten mühelos, ja geradezu spielerisch, sehr amerikanisch gelassen sozusagen die Balance zwischen Familie, Kind, Mann, Haus und Beruf. So oder so ähnlich.

Vergangene Woche passierte es. Jener jemand, eine Frau, schickte mir ein Angebot: „Werden Sie Beraterin bei ‚The Body Shop At Home‘“. Denn „The Body Shop At Home“ ist ein „inspirierender Vertriebszweig, der ‚Body Shop‘-Produkte als Partykonzept nach Hause bringt“, der „nun auch Frauen in Deutschland die fantastische Gelegenheit bietet, erfolgreich zu sein.“

Na also.

Kosmetik. Party. Erfolg. Geld. Für Frauen. Ich rief sofort an. Mit einem sehr guten Gewissen, schließlich schuf Anita Roddick mit ihren Body-Shop-Läden eines der ersten ökologisch und sozial korrekten, globalen gut-kapitalistischen Unternehmen. Kosmetik, die ohne Tiertests entwickelt wird. Kosmetik, die mit Rohstoffen aus Entwicklungsländern hergestellt wird. Kosmetik, die selbst die Übernahme durch den böse-kapitalistischen Großkonzern L’Oreal schadlos überstanden hat, nachdem Roddick all ihre Aktien an ihrem „Body Shop“-Unternehmen verkauft hat.

Ich fühlte mich dementsprechend gut, als ich mich auf den Weg zu meinem Treffen mit jener Ms Body-Shop machte, die für den Aufbau des Homeshoppings in Deutschland zuständig ist. Paula Antonini wartete bereits auf mich, die silbergrauen kurzen Haare saßen perfekt, ihr Mund lächelte. Oft. Und insbesondere, als sie mich mit einem happy-höflichen „Hi“ begrüßte. Mrs Antonini, 62, war bereit für ihre Mission: Promotion für das Privathaus-Verkaufsprinzip, das sich in Deutschland bislang nur in Form von Tupperware-Partys etablieren konnte. Seit Oktober gibt es nun auch Body-Shop-Partys.

Mrs Antonini, wieso Deutschland?

„Oh, well“, sagte sie. Und lachte. Höflich. Mütterlich. „Sie diskutieren ja gerade den Geburtenrückgang. Frauen müssen also in der Lage sein können, Kinder zu haben und zu arbeiten. Und sehen Sie: das ermöglicht Body Shop At Home! Sie organisieren die Partys, mit ihren Freunden oder Kollegen, stellen die Produkte vor und haben eine Menge Spaß, wie früher, wissen Sie, als Sie mit dreizehn Mädchenpartys gemacht und Schminke ausprobiert haben. Und das alles können Sie flexibel machen, so oft Sie wollen und wann Sie wollen.“

„Aber ich habe doch einen Beruf, den würde ich doch gerne mit meinem Kind vereinbaren“, wendete ich schüchtern ein. „Oh well, kein Problem“, sagte sie. Und lachte. Höflich. „Sie können Body Shop At Home stattdessen machen.“

„Okay, wie viel verdiene ich?“

Mrs Antonini lächelte. „Am Anfang sind es 20 Prozent pro verkauften Artikel“, sagte sie und lächelte, „aber wissen Sie was? Unsere Spitzenberaterin in den USA hat im letzten Jahr 400.000 Dollar verdient! Nicht schlecht, oder?“

Keine Frage. „Gibt es auch männliche Berater?“ „Oh well“, sagte sie, in einer leicht erhöhten Stimmlage. „Es gibt ein paar, wir begrüßen sie auch, absolut! Aber wissen Sie, das müssen schon sehr spezielle Kerle sein. Es gibt nicht viele, die den Mut haben, Kosmetik zu verkaufen.“ Sie klang plötzlich seltsam distanziert. „Aber für Großmütter zum Beispiel ist das auch eine fantastische Gelegenheit, etwas Geld dazuzuverdienen und trotzdem Zeit für die Enkel zu haben.“

Langsam ahnte ich, worauf ich eigentlich gestoßen war: die erste gelebte schwarz-grüne Vision: Hausfrauendasein plus nachhaltiges soziales Wirtschaften plus Kindererziehung. Und das alles: Made in USA und UK. Wahnsinn.

Fotohinweis: SUSANNE LANG DIE ANDEREN Beraterin gesucht? kolumne@taz.de Morgen: Philipp Maußhardt über KLATSCH