UNO erlaubt Eingreiftruppe in Somalia

UN-Sicherheitsrat ermächtigt afrikanische Truppe zur Stärkung der machtlosen somalischen „Übergangsregierung“. Diese wehrt sich schon mit äthiopischen Soldaten gegen die stärker werdenden Islamisten Somalias. Es droht ein regionaler Krieg

von DOMINIC JOHNSON

In Somalia hat der UN-Sicherheitsrat die Weichen für die Entsendung afrikanischer Eingreiftruppen gestellt. Soldaten der Regionalorganisation der Staaten am Horn von Afrika (IGAD) sollen in Somalia eine „Schutz- und Ausbildungsmission“ für die international anerkannte Übergangsregierung in der Stadt Baidoa bilden, heißt es in der am Mittwoch einstimmig angenommenen UN-Resolution 1725. Die Truppe „Igasom“ soll Baidoa und die Übergangsregierung schützen, ihre Streitkräfte ausbilden und Gespräche zwischen ihr und den in Somalias Hauptstadt Mogadischu herrschenden Islamisten überwachen.

Somalias Nachbarländer sollen sich an der Truppe nicht beteiligen. Auch das seit 1992 gegen Somalia geltende Waffenembargo bleibt bestehen. Erst im November hatte die für die Überwachung des Embargos zuständige Kommission berichtet, es kämen ungebremst Waffen zu allen Konfliktparteien in Somalia; somalische Islamisten hätten sogar im Sommer in Libanon die Hisbollah unterstützt.

Die USA, die die Resolution in den Sicherheitsrat eingebracht hatten, betonten, es ginge ihnen um die Förderung eines politischen Dialogs. Die Wirkung des Beschlusses ist aber ganz anders. Während die Behörden in Baidoa gestern die „schnellstmögliche“ Entsendung der beschlossenen Truppe verlangten, lehnten die Islamisten in Mogadischu die „einseitige“ UN-Resolution ab. Eine afrikanische Truppenstationierung in Somalia werde neues Blutvergießen hervorbringen, sagte ihr außenpolitischer Sprecher Ibrahim Hassan Adow. Auch die Arabische Liga hat sich gegen die Resolution ausgesprochen.

Somalia hat seit der Flucht des mittlerweile verstorbenen Diktators Siad Barre 1991 keine allgemein anerkannte Regierung mehr. Frieden in Mogadischu kehrte erst im Juni dieses Jahres ein, als islamistische Milizen dort die Macht übernahmen. Sie haben ihr Einflussgebiet seitdem ständig ausgedehnt.

Die 2004 auf einer internationalen Friedenskonferenz gebildete Übergangsregierung in der Kleinstadt Baidoa ist in der Defensive und hat Truppenverstärkung von Somalias mächtigem Nachbarn und Erzfeind Äthiopien bekommen. Die UIC in Mogadischu wird von Eritrea mit Waffen unterstützt. Internationale Beobachter fürchten, dass Eritrea und Äthiopien sich im zerfallenen Somalia einen Stellvertreterkrieg liefern wollen.

Der von der UNO gewünschte politische Dialog in Somalia erscheint derzeit unwahrscheinlich. Am Montag warnte UIC-Präsiden Sharif Sheik Ahmed in Mogadischu, Gespräche könnten erst nach einem Abzug der äthiopischen Truppen stattfinden. Der Premierminister der Übergangsregierung in Baidoa, Ali Gedi, sagte seinerseits: „Wer glaubt, dass die Lage in Somalia durch Dialog gelöst wird, irrt.“

Unklar ist auch, ob „Igasom“ je wirklich kommt. In afrikanischen Ländern ist die Bereitschaft zum Eingreifen in Somalia sehr begrenzt. In der Armee Ugandas soll der Enthusiasmus dafür drastisch gesunken sein, nachdem die Armeeführung den bereits auserkorenen Soldaten zwecks Landeskunde den US-Spielfilm „Black Hawk Down“ über das US-Debakel in Mogadischu 1993 vorführte.

Die explosive Lage in Somalia wird durch eine Flut- und Hungerkatastrophe im Süden des Landes verschärft.