Integration im Doppelpack

Diese Woche zog der Integrationsbeauftragte eine Bilanz des Programms „Vielfalt fördern – Zusammenhalt stärken“. Bewährt haben sich Kooperationen von Migranten und Nichtmigranten

von UWE RADA

Es war ein Lobeswort, das Günter Piening da fand: „Was Sie in den neun Monaten hinbekommen haben, war ein Kraftakt. Nun müssen wir sehen, was wir mit den Erfahrungen machen, die Sie gesammelt haben.“ Die 200 Akteure aus der Migranten- und Projekteszene, die am Dienstag in die Werkstatt der Kulturen gekommen waren, wussten, wovon der Berliner Beauftragte für Migration und Integration sprach. Schließlich waren sie es, die den Kraftakt bewältigt haben: das Aktionsprogramm „Vielfalt fördern – Zusammenhalt stärken“, mit dem Wege einer aktivierenden Integrationspolitik aufgezeigt werden sollten.

Ein gewöhnliches Förderprogramm war es nicht, das es auszuwerten galt. Das zeigte schon seine Geburt. Kaum hatte Piening dem Senat im August 2005 das mit Spannung erwartete Integrationskonzept vorgelegt, waren Stimmen laut geworden, dessen Schwerpunktthemen „interkulturelle Öffnung“ sowie „Aktivierung und Partizipation“ in der Praxis zu erproben.

Als im Abgeordnetenhaus dann kurfristig 500.000 Euro zu vergeben waren, schlug der Integrationsbeauftragte zu. Allen Regeln der Programmgestaltung zum Trotz wurde binnen kürzester Zeit ein Aktionsprogramm aus der Taufe gehoben, eine Ausschreibung erarbeitet, eine Jury eingesetzt. Von den 160 Projekten, die sich beworben hatten, nahmen ab dem Frühjahr 2006 schließlich 17 ihre Arbeit auf.

Vor allem die Kooperation von Migrantenvereinen und Stadtteilzentren, meinte Piening in seiner Bilanz, habe sich bewährt. Tatsächlich waren nur so genannte Tandemprojekte zur Auswahl bei der Jury zugelassen.

Mit der erzwungenen Kooperation, meint auch die Stadtforscherin Ingeborg Beer, sei man beim Thema interkulturelle Öffnung einen wichtigen Schritt weitergekommen: „Oft fehlt es in den Stadtteilzentren an Mitarbeitern mit Migrationshintergrund, an Willkommensatmosphäre, an einem differenzierten Programmangebot“, meint Beer, die das Aktionsprogramm während der neun Monate begleitet und evaluiert hat. „Durch die Kooperation mit Migrantenorganisationen wurden die Türen von Einrichtungen und Institutionen geöffnet.“

Wie nötig solch sanfter Druck ist, zeigt das Projekt „Wir im Brunnenviertel“, das vor allem Jugendliche im Stadtteil Wedding ansprach. 30 Teilprojekte haben die Jugendlichen unter der Leitung der Stadtteilmanagerin Alev Deniz durchgeführt (siehe Text unten). Ein großer Erfolg, wie sie selbst bei der Vorstellung ihres Projektes am Dienstag meinten. Allerdings sei ihnen der Zugang zu Schulen, Turnhallen oder anderen Bezirkseinrichtungen versperrt geblieben. Der Bezirk war in diesem Fall keiner der Projektpartner.

Nicht zuletzt aufgrund solcher Erfahrungen mischte sich in die Bilanz der Politiker auch die Sorge, die Projektziele könnten auf halbem Wege stehen bleiben. Die sozialpolitische Sprecherin der SPD, Ülker Radziwill, riet deshalb, die Themen interkulturelle Öffnung und Aktivierung von Migranten nicht nur auf ein Aktionsprogramm zu beschränken. Gleiches forderte auch die Quartiersmanagerin Wrangelkiez, Emine Bașaran: „Projekte wie Elternkurse oder aufsuchende Elternarbeit brauchen länger als nur neun Monate.“

Da freilich musste der Integrationsbeauftragte enttäuschen. Eine Fortsetzung des Programms werde es nicht geben, sagte Piening. Gleichwohl mahnte er an, das Motto seiner Integrationspolitik – „Vielfalt fördern – Zusammenhalt stärken“ – künftig in die Förderpolitik des Senats insgesamt zu übernehmen.

Langfristiges Ziel, ergänzte ihn Carolina Böhm, wissenschaftliche Mitarbeiterin der SPD-Fraktion, müsse es sein, auch in Berlin über „intercultural mainstreaming und budgeting“ zu diskutieren. In Großbritannien, so Böhm, werde bereits jedes Gesetz und jede Verordnung darauf überprüft, inwieweit sie zur interkulturellen Öffnung von Migranten und Mehrheitsgesellschaft beitrage.