Amok-Alarm gilt weiter

3.500 Beamte weiterhin in Baden-Württemberg im Einsatz. Polizei fahndet bundesweit nach Trittbrettfahrern

BERLIN taz ■ Auch drei Tage nach der Warnung vor einem Amoklauf in einer Schule in Baden-Württemberg stehen dort Schüler und Lehrer unter Polizeischutz. Rund 3.500 Beamte fahren nach Angaben des Stuttgarter Innenministeriums an den Schulen Streife oder sind dort offen und verdeckt präsent. Auch die Suche nach dem Urheber der Drohung aus dem Internet lief weiter. „Wir achten auf Personen mit außergewöhnlichem Verhalten, doch die Informationslage ist sehr dünn“, sagte Günter Loos, ein Sprecher des Innenministeriums. Ein Ende des Großeinsatzes sei bisher nicht in Sicht.

Zahlreiche Trittbrettfahrer halten die Behörden nach wie vor in Atem: Allein in Baden-Württemberg wurden seit der Amokwarnung am vergangenen Dienstag neun weitere Drohungen registriert. Sechs Täter wurden bereits ermittelt. Einen davon verurteilte das Amtsgericht Rastatt gestern per Schnellverfahren zu vier Wochen Dauerarrest. Der 19-Jährige hatte zugegeben, per Mail mit dem Überfall auf eine Berufsschule in Achern gedroht zu haben.

In Würzburg wurde in der Nacht zu Freitag ein 41-Jähriger festgenommen, der in Internet-Chats angekündigt hatte, eine Schule „platt zu machen“. Gegen ihn wurde Haftbefehl erlassen. Die Behörden gehen von einem Trittbrettfahrer aus. Der Mann habe ein Geständnis abgelegt. „Er will nur aus Spaß“ gehandelt haben, sagte ein Polizeisprecher. Auch in Berlin gibt es eine Drohung gegen eine Schule, sie soll von einem Internetnutzer aus Bayern stammen. In Schleswig-Holstein war die Polizei ebenfalls auf Amok-Fahndung. An einer Schultür in Schleswig war am Donnerstag ein Zettel mit einer Drohung aufgetaucht.

Der massive Polizeieinsatz war auch gestern Thema für Politiker. Man brauche stattdessen mehr Wachsamkeit und gute Kommunikation, sagte etwa die Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) der Neuen Osnabrücker Zeitung. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) kündigte ein Präventionskonzept von Schulen und Polizei an, die Deutsche Polizeigewerkschaft fordert die Entwicklung von Notfallplänen und bessere Aufklärungsarbeit. Ob bei der nächsten Amokdrohung wieder tausende Polizisten auf die Schulhöfe geschickt werden, kann aber auch Günter Loos nicht sagen: „Es gibt einfach kein Patentrezept für die Zukunft.“ NICO POINTNER