Wahlalternative meldet sich ab

Die WASG will vor Weihnachten wieder präsent sein. Doch das Aus ist nahe: Der Landesvorstand trägt die Fusion mit der Linkspartei nicht mit und plant den Aufbau einer neuen Partei – oder eines Vereins

von FELIX LEE

„Operation Weihnachtsgans“ heißt der neueste Einfall der WASG. In allen Bezirksverordnetenversammlungen, in denen sie vertreten ist, sollen ihre Verordnete bis Weihnachten Anträge stellen und darin den Senat auffordern, Hartz IV-Empfängern eine Weihnachtsbeihilfe in Höhe von 80 Euro zu gewähren. Erfolg werden sie mit dieser Aktion nicht haben. Aber darum gehe es auch gar nicht, gesteht ein Mitglied nach dem letzten Beratungstreffen des Landesvorstands: „Hauptsache, die WASG zeigt in der Öffentlichkeit wieder mehr Präsenz und ist nicht nur mit sich selbst beschäftigt.“

Es ist ruhig geworden um die Partei, die zur letzten Abgeordnetenhauswahl antrat, um vor allem die Linkspartei das Fürchten zu lehren. Über die 5-Prozent-Hürde wollten die Linksoppositionellen kommen. Sie schafften nicht einmal 3. „Wir hatten zunächst das Wahlergebnis aufzuarbeiten“, so Landesvorstandsmitglied Lucy Redler. Nun gehe es um eine Neuausrichtung.

Und die hat der Landesvorstand um Redler auch schon vorbereitet. Vergangene Woche legte er ein Thesenpapier vor, in dem er zu dem Ergebnis kommt, dass die bundesweit angestrebte Fusion mit der Linkspartei.PDS für die WASG nicht mehr in Frage kommt. „Der Versuch in den letzten zwei Jahren, der Fusion von WASG und Linkspartei.PDS eine deutlich antineoliberale und kämpferische Stoßrichtung zu geben, ist gescheitert“, heißt es in dem Papier. Michael Prütz, ebenfalls Mitglied im Landesvorstand, legte nach: Der Verkauf von 880 Wohnungen aus dem Bestand der Berliner Wohnungsbaugesellschaft, die arbeitnehmerfeindliche Freigabe der Ladenschlusszeiten und der inzwischen zur Tatsache gewordene Verkauf der Sparkasse offenbarten, dass die rot-rote Koalition auch in ihrer neuen Amtszeit „unverfroren den Sozialabbau“ fortsetze. Und da die WASG auf ihrem Bundesparteitag beschlossen habe, die „programmatischen und strategischen Probleme einer neuen Linken nicht vor, sondern bestenfalls nach einer Fusion mit der PDS zu klären“, bleibe nur noch ein Weg: der Aufbau einer Regionalorganisation.

Noch in diesen Tagen soll in den Bezirksgruppen über das Wie diskutiert werden. Eine Programm-AG ist bereits in Planung, die unter anderem der Frage nachgehen soll, ob die neue Regionalorganisation eine Partei oder ein Verein werden soll. Auch über einen neuen Namen wird bereits nachgedacht.

Auch wenn eine Reihe von WASG-Mitgliedern bereits angekündigt hat, diesen Kurs nicht mitzugehen und an der bundesweiten Fusion festhalten (siehe Interview), kann sich der amtierende Landesvorstand der breiten Unterstützung sicher sein. Etwa zwei Drittel der Berliner WASG hatten vor der Abgeordnetenhauswahl für den fundamentaloppositionellen Kurs von Redler und Prütz gestimmt. Daran dürfte sich wenig geändert haben. Denn signifikant verändert hat sich die Mitgliederzahl seit dem Wahldebakel nicht.