gammelfleisch
: Geiz schmeckt ungeil

Fast drei Monate vergammelten die Akten in der Verwaltung, bis auch die zuständige Senatorin über tonnenweise abgelaufenes Fleisch informiert wurde. Das ist ohne Zweifel ein Skandal. Schließlich hat der Konsument ein Recht auf eine reibungslos funktionierende Verwaltung. Dennoch macht es sich der Kunde zu einfach, wenn er die Verantwortung allein auf die Gammelermittler in den Behörden schiebt.

Kommentar von Gereon Asmuth

Selbst unter einer sozialistischen Verbraucherschutzsenatorin ist der Kunde immer noch König. Nach seiner Kaufentscheidung richten sich die Händler. Nur was wirklich gefragt wird, findet einen Weg in die Regale.

Wer sich einen Döner zum Dumpingpreis von 1,50 Euro leistet, wer im Supermarkt gerade noch 50 Cent für den Liter Milch springen lässt, wer Wintertomaten für 99 Cent ersteht, ohne sich zu fragen, wie solche Preise zustande gekommen sind, der handelt verantwortungslos. Gegenüber dem eigenen Magen, gegenüber den Herstellern und gegenüber anderen Kunden. Denn erst die Nachfrage nach solchen Billigprodukten spornt gewiefte Händler an, den letzten Ramsch auf den Markt zu werfen – und im Zweifelsfall dabei sämtliche Vorschriften zu missachten.

In unseren Nachbarländern genießt man gut abgehangenen Seranoschinken, lange gereiften Rotwein oder uralten Parmesan – und ist bereit, dafür die entsprechenden Preise zu zahlen. In Deutschland jedoch gilt Geiz immer noch als geil, ganz egal, wie es schmeckt. Kein Wunder, dass der hiesige Markt längst zum Recyclinghof für Gammelfleisch geworden ist.

Zum Glück wird das in letzter Zeit immer häufiger bekannt. Nicht, weil der Kunde wachsamer geworden ist, sondern weil wenigstens die Behörden genauer hingucken.