Schöne Menschen in neuen Umgebungen

Ein „chick flick“ mit recht simplen Lebenslektionen: Cameron Diaz und Kate Winslet in „Liebe braucht keine Ferien“

Leider gehört chick flick zu jenen Begriffen, die in der sinngemäßen Übersetzung ihre Stimmigkeit verlieren: „Mädchenfilm“ klingt viel zu brav und bringt die schlüpfrige Hochglanzglätte des Genres nicht gut auf den Punkt. „Liebe braucht keine Ferien“ – daran lässt schon der Titel keinen Zweifel – ist ein chick flick reinsten Wassers. Jede weitere Kritik erübrigt sich damit im Grunde, da das Zielpublikum mit dem Hinweis auf die Besetzung – Cameron Diaz, Kate Winslet, Jude Law – und das feiertägliche Setting – zwei Frauen tauschen zu Weihnachten die Wohnungen – sich ausreichend informiert fühlt. Alles Weitere ist Schema F. Die chicks, das belegt ein Film wie „Liebe braucht keine Ferien“ auf grausame Weise, gelten den Filmproduzenten als leicht zu befriedigendes Publikum: Es reichen einige gute production values, soll heißen schön aussehende Menschen, die in schönen Wohnungen nette Dinge tun – um sie in ausreichender Zahl ins Kino zu locken. Diese Geringschätzung beleidigt allerdings die Liebhaber des Genres, die meinen, dass es mit mäßiger Unterhaltsamkeit nicht getan ist: Selbst chicks haben ein Recht darauf, sich richtig zu vergnügen!

In dieser Hinsicht scheint „Liebe braucht keine Ferien“ zunächst ziemlich vielversprechend: Cameron Diaz spielt eine erfolgreiche, wenn auch leicht verschrobene Produzentin von Kinotrailern in Hollywood. Als bekennender Workaholic zeigt sie eine der originelleren Szenen des Films beim nächtlichen Fernsehen im Bett. Es läuft ein von ihr produzierter Clip. „Ja!“ – fiebert sie mit dem schmissig geschnittenen Werk mit, um sich danach selbst eine Art high five zu geben und zu rufen: „Und deshalb zahlen sie mir das große Geld!“ Mit dem Selbstbewusstsein dieser Figur ist also alles in Ordnung. Dass ihr Freund sie betrogen und sie ihn deshalb rausgeschmissen hat, ist kein wirkliches Drama, sondern eher eine Unannehmlichkeit: Die Feiertage sind auf einmal ungestaltet.

Beim Surfen im Internet stößt Diaz auf das nette gemütliche Landhäuschen von Kate Winslet. Die erzählt in den parallel geschnittenen Szenen zuvor ihr Schicksal: Angesehene Mitarbeiterin einer Londoner Zeitung, ist sie seit Jahren unglücklich in Rufus Sewell verliebt, der das für seine Zwecke zu nutzen weiß. Um ihr Selbstwertgefühl ist es also eher schlecht bestellt. Als sie erfährt, dass Sewell eine andere heiratet, dreht sie in ihrem Häuschen den Gashahn auf – aber nur für einen Augenblick. „Ein Tiefpunkt“, sagt sie zu sich selbst. „ein echter Tiefpunkt“ – und geht dann doch ins Bett.

Es ist eines der schönsten Werkzeuge der Kinodramaturgie, solche Figuren aus ihren jeweiligen Unglücken heraus mit wundersamen Wendungen in neue Umgebungen zu versetzen. Dass der glückliche Ausgang vorhersehbar und die erteilten Lebenslektionen recht simpel sind, muss nicht stören. Aber ein bisschen mehr Spannung und Originalität würden das Vergnügen erheblich steigern.

BARBARA SCHWEIZERHOF

„Liebe braucht keine Ferien“, Regie: Nancy Meyers. Mit Cameron Diaz, Kate Winslet u. a., USA 2006, 135 Min.