Grün, gut, günstig: Ökostrom

Bislang war Strom aus regenerativen Quellen teurer als konventioneller. Aber das Preisgefüge ist in Bewegung geraten. Inzwischen gilt vor allem für sparsame Haushalte: Mit Ökostrom kommen sie nicht nur besser, sondern auch billiger davon

VON BERNWARD JANZING

Die Welt der Stromversorger scheint kopfzustehen: Ökostrom ist in Deutschland inzwischen vielerorts billiger zu haben als der konventionelle Mix. Während etablierte Anbieter ihre Preise in den letzten Monaten deutlich erhöht haben, beschränken sich die Ökostromer meist auf die zusätzliche Mehrwertsteuer. Besonders bemerkenswert: Ökoanbieter wie die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) oder das Hamburger Unternehmen Lichtblick liefern in einigen Regionen inzwischen günstigeren Strom als der einst als Billiganbieter angetretene Versorger Yello.

Aber auch bei den etablierten Atomkonzernen kostet Strom häufig mehr als bei den Ökoanbietern. So ist der atomare Mix der EnBW durchweg teurer als der Grüne Strom von Lichtblick und meist auch als der der EWS – nur als Großverbraucher kommt man bei der EnBW billiger davon. Auch Eon schneidet im Vergleich schlecht ab. Lichtblick etwa ist bis zu einem Jahresverbrauch von gut 5.000 Kilowattstunden günstiger. Im RWE-Gebiet liegt der Ökostrom auf gleichem Niveau wie der atomare Mix, lediglich Vattenfall unterbietet derzeit noch in Hamburg und Berlin die Ökoanbieter.

Ein genereller Preisvergleich mit Yello ist unmöglich, weil die EnBW-Tochter mit einer unüberschaubaren Vielzahl unterschiedlicher Tarife antritt: Je nach Gemeinde sind sowohl die Grundpreise als auch die Kilowattstundenpreise verschieden. Aber im südbadischen Lörrach sind sowohl die EWS als auch Lichtblick für jeden Haushalt billiger als der vermeintliche Discount-Versorger. In Freiburg kommt jeder Kunde, der weniger als 2.462 Kilowattstunden im Jahr verbraucht, mit EWS-Strom günstiger davon.

Grundsätzlich gilt: Vor allem sparsame Haushalte sind mit den Ökos gut bedient, weil diese oft mit geringeren Grundpreisen antreten. Für Kunden mit 1.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch sind die EWS inzwischen der günstigste Anbieter in ganz Südbaden.

Die Gründe für die günstigen Ökostromtarife sind vielfältig. Zwar kaufen die alternativen Versorger ihre Energie allesamt zu etwas höheren Preisen ein, aber dafür sparen sie an anderen Stellen: So kommen sie zumeist mit einem sehr bescheidenen Marketing- und Werbeetat aus. Und sie geben sich mit erheblich geringeren Gewinnspannen zufrieden. Viele Unternehmen der konventionellen Stromwirtschaft erwarten eine Eigenkapitalrendite von mindestens 15 Prozent. Auch bei den Firmenimmobilien und den Vergütungen ihres Führungspersonals sind die Ökounternehmen zumeist genügsamer.

Merkliche Aufschläge werden allerdings dort fällig, wo etablierte Unternehmen den Ökostrom als Zusatzangebot im Programm haben. Dann nämlich zahlt der Kunde einerseits den höheren Einkaufspreis des Ökostroms, trägt andererseits aber auch die höheren Allgemeinkosten des eingesessenen Unternehmens mit.

Weil Ökostrom heute nicht nur häufig günstiger ist, sondern weil viele Stromkunden zudem sensibel auf den jüngsten Angriff der Stromwirtschaft auf den Atomkonsens reagieren (Motto der Kunden: „Atomausstieg selber machen“), steigen die Kundenzahlen der Ökostromer stetig: Lichtblick zum Beispiel beliefert bereits 220.000 Kunden, die Schönauer Stromrebellen sind bei über 37.000 angelangt. Übrigens: Der Wechsel des Stromversorgers ist ganz einfach. Wer seinen neuen Anbieter ausgewählt hat, muss diesem nur eine Kopie seiner bisherigen Stromrechnung sowie seine Bankverbindung zukommen lassen. Alles Weitere regelt dann der neue Anbieter. Er kündigt auch den Vertrag des Kunden mit dem bisherigen Versorger.

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