USA entdecken alternative Energie

Mehr Geld für erneuerbare Ressourcen, Ausweitung von Biokraftstoffen, Rücknahme von Steuervorteilen für Ölmultis: Nach dem Machtwechsel im Kongress wollen die Demokraten auch in den USA die Energiewende in Angriff nehmen

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Wenn die Demokraten morgen das Ruder im US-Kongress übernehmen, müssen sich die Industriekapitäne der Ölindustrie warm anziehen. Denn kurz vor Weihnachten haben die neuen Mehrheitsinhaber im US-Parlament angekündigt, schon in den ersten hundert Stunden ihrer Regentschaft einen Fonds zur Förderung der Forschung und Entwicklung erneuerbarer Energien zu gründen.

Das Geld dafür wollen sich die Demokraten just bei der Ölindustrie holen. Geplant ist unter anderem die Rücknahme diverser Steuergeschenke, die der republikanische Kongress und die Regierung von Präsident George W. Bush den Energiekonzernen trotz steigender Profite gemacht hatten. Mit diesen Mehreinnahmen haben die Demokraten vor, die Verwendung von Ethanol und anderen Biotreibstoffen zu fördern.

Zudem sollen Untersuchungen finanziert werden, woher der Rückgang der Förderzinszahlungen an die US-Regierung rührt. Abgeordnete beider Parteien vermuten bereits seit längerem, dass Öl- und Gaskonzerne fällige Abgaben für Bohrfelder im Golf von Mexiko in Höhe von rund 10 Milliarden US-Dollar nicht gezahlt haben, weil die von der US-Regierung ausgegebenen Explorationsverträge juristisch fehlerhaft sind. Hier soll nun nachverhandelt werden.

„Wir werden die Subventionen für die großen Ölkonzerne abstellen und das Geld in die Erforschung alternativer Energien stecken“, kündigte die designierte Parlamentspräsidentin und Demokratin aus Kalifornien, Nancy Pelosi, an. Oppositionelle Republikaner und das zuständige Innenministerium haben den Demokraten für einige der Vorhaben bereits ihre Unterstützung signalisiert.

Die Hersteller alternativer Energien, die in den USA in der Vergangenheit unter einem niedrigen Ölpreis und mangelnder Unterstützung seitens der Politik litten, sehen nun bessere Zeiten anbrechen. Bei 60 Dollar pro Barrel Öl sind die Preise für Energie aus Wind, Sonne, Geothermie und Biomasse deutlich wettbewerbsfähiger geworden.

Vor allem sind es aber die Pläne der Demokraten, die den Alternativ-Unternehmen gute Zukunftsaussichten bescheren. Senator Jeff Bingaman, Demokrat aus New Mexico und designierter Vorsitzender des Senatsausschusses für Energie und natürliche Ressourcen, kündigte Mitte Dezember eine Initiative an, die alle US-Energieversorger dazu verpflichten würde, ab 2020 10 Prozent ihrer Energie aus erneuerbaren Quellen zu generieren. Gegenwärtig sind es weniger als 3 Prozent. Ob der Kongress und vor allem der US-Präsident dem zustimmen werden, steht noch in den Sternen, aber US-Investoren haben am Aktienmarkt schon mal kräftig Papiere der Produzenten alternativer Energie eingekauft.

In einem weiteren Positionspapier ist zu lesen, dass die Demokraten anstreben, dass bis 2015 rund 10 Prozent der Treibstoffe an Tankstellen aus Ethanol bestehen solle – weil die Rohstoffe dafür überwiegend aus dem landwirtschaftlich dominierten Mittleren Westen stammen, dürfte zumindest die Zustimmung der dortigen Republikaner sicher sein.

Aber auch anderswo flirten zahlreiche Republikaner mit alternativen Energien – spätestens seit der „State of the Union“-Ansprache Bushs im vergangenen Frühjahr, in der er die Abhängigkeit der USA von Import-Öl geißelte. „Mit steigenden Ölpreisen befürchten viele Konservative, dass unsere Wirtschaft und die nationale Sicherheit leiden könnten, wenn wir unsere Abhängigkeit nicht verringern“, sagte Senator Jeff Sessions, ein Republikaner aus Alabama.