Die Haltung der SPD zum Luftsicherheitsgesetz ist nicht eindeutig
: Wiefelspütz schießt den Vogel ab

Wolfgang Schäuble lässt nicht locker. Mit an Starrsinn grenzender Sturheit fordert der Innenminister weitreichende Grundgesetz-Änderungen, um die Bundeswehr auch im Inneren einsetzen zu können: Am Himmel will Schäuble den Abschuss entführter Flugzeuge samt Passagieren erlauben, am Boden soll die Armee zum Schutz von bedrohten Gebäuden eingesetzt werden. Doch beide Pläne haben keine Chance auf Realisierung.

Das liegt nicht einmal am Bundesverfassungsgericht, dessen Urteil zum Luftsicherheitsgesetz damit teilweise unterlaufen werden soll: Nein, die Grundgesetz-Änderungen werden allein schon deshalb nicht kommen, weil Schäuble nicht über die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit verfügt. Die SPD wird aller Voraussicht nach nur einer kleinen Lösung zustimmen: Demnach dürfte die Bundeswehr nur Flugzeuge abschießen, die unbemannt oder ausschließlich mit Terroristen besetzt sind.

Doch die Position der SPD wirkt nach außen eindeutiger, als sie tatsächlich ist. So ist Dieter Wiefelspütz, der innenpolitische Sprecher, gegen den von Schäuble vorgeschlagenen „Quasi-Verteidigungsfall“, weil er ihn für überflüssig hält. Für ihn sind Terrorangriffe aus der Luft schon jetzt ein Fall für die Landesverteidigung: Wiefelspütz interpretiert das Grundgesetz einfach so, dass es gar nicht geändert werden muss. Justizministerin Brigitte Zypries, ebenfalls SPD, hat dagegen auf dem letzten Anwaltstag im Mai eindeutig erklärt, sie „halte überhaupt nichts davon, den Verteidigungsbegriff unserer Verfassung einfach umzudeuten“. Wenn es nach ihr ginge, könnte sich ein Verteidigungsminister, der den Abschuss einer vollbesetzten Maschine anordnet, nicht auf das Grundgesetz, sondern nur auf sein Gewissen berufen.

Die SPD-Politiker Wiefelspütz und Zypries markieren die beiden Pole einer Debatte, Schäuble sitzt faktisch in der Mitte: Er will zwar das Gleiche wie Wiefelspütz, ist aber zumindest so rechtsstaatlich korrekt, das Grundgesetz entsprechend ändern zu wollen. Zumindest dafür ist er zu loben – denn faktisch verzichtet er damit zugleich auf den politischen Erfolg. CHRISTIAN RATH